II. Mineralogische Vorträge. |
1) Am 3. Juli 1823, als dem Tage der Stiftungs- |
feier, hielt Herr Berghauptmann von Veltheim |
einen Vortrag über die wichtigsten Erscheinungen, welche |
die sogenannten Kalkschlotten bei Eisleben darbie- |
ten, woraus wir folgenden Auszug geben: |
Die zahlreichen Höhlen durch welche der ältere |
das Flötzgebirge des Harzes auf einen großen Theil |
seines Umfangs begleitende Gyps sich so sehr aus- |
zeichnet, und unter ihnen insbesondere die Kalkschlot- |
ten bei Eisleben, sind der mineralogischen Welt be- |
reits durch die ausführlichen Beschreibungen bekannt, |
die Freiesleben davon geliefert hat. — Daß sie von dem |
größern Publico weniger als andere Höhlen beach- |
tet werden, die ihnen in der Bedeutung doch weit |
nachstehen, liegt wohl allein daran, daß ihr Zu- |
gang nur durch weitläuftige Grubenbaue thunlich |
ist. — Unter mehreren durch den Mannsfeldischen |
Bergbau aufgeschlossenen Höhlenzügen, ist bei wei- |
tem der ansehnlichste der bei Wimmelburg im soge- |
nannten Schaafbreiter Revier. — Dieser hat, der |
Richtung nach, in welcher die einzelnen Höhlen sich |
an einander reihen, eine Länge von 3100 Fuß Rheinl. |
und dehnt sich an beiden, in gerader Linie gegen |
2000 Fuß von einander entfernten, Endpuncten ge- |
wiß bedeutend weiter aus, was aber mehrerer Hin- |
dernisse halber noch nicht näher untersucht werden |
konnte. — Unter den einzelnen Höhlen hat die grö- |
ßeste eine Höhe von 80 Fuß und eine mittlere Höhle |
eine Weite von ungefähr 125F.; andere, höchstwahr- |
scheinlich noch größere Höhlen enscheinen nur deß- |
halb nicht so, weil sie theilweise durch Schlamm |
und Blöcke ausgefüllt sind. — Es ist demnach gewiß, |
daß der größte Theil der bekanntesten Höhlen |
Deutschlands in Hinsicht auf ihre Größenverhältnisse |
hinter diesen ansehnlich zurückblieben. |
Was die Bildungsart unserer Höhlen anlangt, |
so war die Ansicht des Verfassers die, daß er ihre |
Entstehung von Wasserströmen herleitet, die bei ei- |
nem tiefen Abzugspuncte mannichfachen Schwankun- |
gen in dem Verhältniß der Zufluß- und Abflußmen- |
gen unterworfen gewesen seyn mögen; wobei zugleich |
gezeigt wurde, daß ein Flötz von erdigem Mergel, |
(Aschenflötz) was in der Regel zwischen dem Zech- |
stein und dem Gypse liegt, die nächste Veranlassung |
zu Auswaschungen gegeben hat, und daß die einzel- |
nen großen domförmigen Weitungen, welche sich in |
den Höhlenzügen finden, hiernächst von den Klüften |
abhängig seyn dürften, welche den Gyps häufig und |
zwar senkrecht durchsetzen. |
Insofern weicht also seine Ansicht in etwas von |
der ab, welche Freiesleben aufgestellt hat, indem die- |
ser geneigt ist, die Entstehung unserer Höhlen auf |
Steinsalzmassen zu beziehen, welche im Gyps vor- |
handen gewesen seyn möchten. |
Dieser Hypothese widerspricht übrigens auch |
noch das höchst seltene Vorkommen von Salzquellen |
in dem ganzen Gebiete der vom Harze abhängigen |
altern Flötzgypsformation. |
Eine große Aufmerksamkeit verdient hiernächst |
die Frage: wo die tiefen Abzugspuncte für die vor- |
vorhin erwähnten Wasserströme zu suchen seyn möch- |
ten? Es sind darüber mehrere Hypothesen gebildet, |
und man hat sie theils in den bekannten Mansfeld'schen |
Seen, theils in den Seelöchern bei Zabenstädt ge- |
sucht, — beide Puncte lagen aber höher, als die tiefsten |
Puncte der bei Wimmelburg durch den Bergbau auf- |
geschlossenen Schlotten. — Der tiefste Punct, bis zu |
welchen man bis jetzt dort niedergekommen ist, liegt |
nur 9 Fuß über dem (mittlern) Saalspiegel bei Frie- |
deburg und nur 18 Fuß über dem Saalspiegel bei |
Gnelbzig ohnfern Alsleben. |
Es kann also nur an Abzugspuncte gedacht wer- |
den, die sehr entfernt lagen. — Aber auch hier sahe |
man sich nach einer befriedigenden Erklärung verge- |
bens um, da alle Anzeigen vorhanden sind, daß die |
Wimmelburger Schlotten, deren tiefster Punct nur un- |
gefähr 235 Fuß über dem Meeresspiegel liegt, höchst |
wahrscheinlich sich noch unter diesen herabsenken |
möchten. — Man hat demnach hierbei mit einem |
Probleme zu thun, was einer besondern Beachtung |
um so mehr werth ist, je bedeutender die Rolle ist, |
welche die Ansichten von dem Stande der alten Ge- |
wässer, in den Bildungs-Hypothesen des ersten Erd- |
körpers spielen. — Alle Schlotten in den Mannsfeld- |
schen Revieren wurden übrigens in gegenwärtiger |
Zeit bis nahe an die Tagesoberfläche heran, mit Was- |
sern angefüllt gefunden, sofern man ihnen nicht durch |
bergmännische Vorrichtungen einen tiefen Abzug ver- |
schafft habe, und selbst die Schlotten von Helbra, we- |
gen des dort früher Statt gefundenen periodischen Stei- |
gen und Fallen ihrer Wasser durch Freiesleben bekannt, |
verdankten ohnstreitig den größten Theil des dort |
Statt gefundenen Abzuges, den Stollen, die in ihrer |
Nähe das Gebirge durchörtert haben. — |
Von fossilen Knochen ist bisher in den Manns- |
feldschen Schlotten noch keine Spur gefunden und es |
scheint überhaupt, daß diese, wo sie an der Südsei- |
te des Harzes auch im altern Gypse vorgekommen |
sind, nur da sich finden, wo die Höhlen nahe unter |
Tage liegen und mit der Oberfläche in unmittelbarer |
Verbindung stehen. — Bemerkenswerth ist ein se- |
cundäres Vorkommen von ausgezeichnet schönen |
Fraueneiskrystallen, was sich neuerlich, theils an |
den Wänden der Schlotten, theils in dem Schlamme, |
der den Boden bedeckt, bei Wimmelburg gefunden hat. |