Wie bereits erwähnt, war die Landgemeinde in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein „Angerrevier“, d. h. ein waldfreies Hutungsgelände. Zudem nahm der Obstbau in jener Zeit an Bedeutung zu, so dass ein Teil der bis dahin kahlen („raumen“) Hutungsflächen als „...mit Obstbäumen bepflanzt...“ beschrieben wird. Das Nutzartenverhältnis war 1846 wie folgt: a) raume Hutung: 379,0 ha, b) Obstplantagen: 11,0 ha, c) Wege und Triften: 14,0 ha, d) Gräben und Gewässer: 0,75 ha. Gesamt: 404,75 ha Weitere Nutzungen waren der Plaggenhieb, sowie das Recht der Grafen zu Stolberg-Roßla zum Kohlenschwelen und Kohlenbrennen an „beliebigen Stellen“. Die Separation bedeutete das Ende der Landgemeinde als gemeinschaftlich genutztes Angerrevier. Die Bildung „ökonomisch zweckmäßiger Feldpläne“ war in diesem Fall kompliziert, da es erforderlich war, die Interessen der zahlreichen Interessenten (Grundbesitzer) zu berücksichtigen. Dabei wurden in mehreren Fällen die Hutungsrechte auf andere Interessenten übertragen („zediert“), die wiederum außerhalb der Landgemeinde für eine angemessene Abfindung sorgen mussten. Gemarkungsgrenzen im Bereich der Landgemeinde
| So sind die Mithütungsrechte der Gemeinde Drebsdorf und der bäuerlichen Wirte von Drebsdorf an der Landgemeinde dem Freigut in Wickerode zediert worden, das wiederum seine in der Feldmark Drebsdorf bestehenden Rechte an die Gemeinde Drebsdorf und die dortigen bäuerlichen Wirte abtrat. Eine weitere Zession betraf die Interessenten und die Gemeinde Hainrode, die ihre in der Feldmark Wickerode zustehenden Mithütungsrechte auf das Wickeröder Freigut übertrugen. Das Freigut gewährte im Gegenzug auf der Landgemeinde eine Abfindung. Das Krusesche Freigut und die Interessenten zu Wickerode haben das ihnen auf der Landgemeinde zugefallene Feld von 4 ha dem Wickeröder Freigut überlassen, das dafür die Interessenten im Zusammenhang mit der Separation in der Feldflur Wickerode entschädigte. Die Interessenten von Questenberg haben eine 22 ha große Fläche von der Landgemeinde dem Grafen von Stolberg-Roßla abgetreten, der im Gegenzug von seinem an die Feldmark Questenberg grenzenden Forstrevier 15 ha übergab, die zuvor abgeholzt worden sind. In diesem Zusammenhang haben die Questenberger Interessenten auf die in diesem Forstrevier lastenden Servitutrechte, wie Hütung, das Raff- und Leseholzsammeln und die Laubstreunutzung ohne Entschädigung verzichtet. Schließlich haben die Besitzer des Rittergutes Agnesdorf 42 ha Land, die ihnen aus der Landgemeinde zugefallen sind, an den Grafen von Stolberg-Roßla abgetreten, gegen finanzielle Entschädigung in Höhe von 1 500 Thalern (4 500 Mark) sowie Abgabe von 19 ha Land an anderer Stelle. Dieser mit der Separation im Zusammenhang stehende Tausch von Grundstücken in benachbarten Fluren ist bis zum Jahr 1851 erfolgt. Bei der Wertermittlung sind die Obstplantagen auf der Landgemeinde dahingehend berücksichtigt worden, dass den Besitzern derselben der Grundwert des Baumbestandes nach Abzug der Hütung vorweg zugerechnet worden ist. | Zum Zwecke der Separierung ist die Landgemeinde in 100 Teile gelegt worden. Es erhielten davon: - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute (Schule, Pfarre und Kirche) und politische Gemeinde zu Hainrode: 26 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute u. politische Gemeinde zu Breitenbach: 22 Teile, - das Freigut zu Wickerode: 15 Teile, - das Rittergut zu Agnesdorf: 10 Teile, - das Gräflich Stolberg-Roßlasche Kammergut zu Wolfsberg: 8,25 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute und politische Gemeinde zu Questenberg: 8 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute und politische Gemeinde zu Rotha: 5,50 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute und politische Gemeinde zu Klein-Leinungen: 3 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute und politische Gemeinde zu Wickerode und das vormals Scolische oder Krusesche Gut: 1,50 Teile, - die bäuerlichen Wirte, geistlichen Institute und politische Gemeinde zu Wolfsberg: 0,75 Teile,Auch nach der Separation waren Hutung und der Obstbau die wesentlichen Nutzungen auf der Landgemeinde. Unter den veränderten landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach 1990 war es schwierig, diese Nutzungen fort zu setzen. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass die Hutung in wesentlichen Bereichen des Gebietes durchgeführt wird, so dass der Bestand der artenreichen Halbtrockenrasen gesichert ist. Heute erinnert noch der Name „Landgemeinde“ an die ehemalige Waldgemeinschaft, deren Wald seit der Mitte des 18. Jahrhunderts durch Übernutzung verschwunden war und die danach ein gemeinschaftlich genutztes Angerrevier darstellte. Literatur - JÄGER, C. (1998): Die Vegetation der Halbtrockenrasen im Raum Questenberg (Südharz) in Beziehung zu ihrer historischen und aktuellen Nutzung. - Dipl.-Arb., Martin-Luther-Univ., Halle. - LHASA, MD, Rep. C 20 V Sep. Landgemeinde Krs. Sangerhausen. |