14 Der Harz 01/2012 |
Im 13. und 14. Jahrhundert sterben beide Häuser aus und die verwaisten Grafschaften werden 1402 als Lehen der Fürsten von Grubenhagen an die Grafen „Honstein“ verlehnt. Die Honsteiner betrachteten das erhaltene Lehen, denn sie litten unter ständigem Geldmangel, als ein willkommenes Pfandobjekt. Bis zu ihrem Aussterben 1593 hatten sie ständig, zum Leidwesen der Bevölkerung, Händel mit ihrem Vertragspartner, den Fürsten von Grubenhagen. Im 17. und 18. Jahrhundert erlangte die Burg unter den hannoverschen Herzögen und Kurfürsten als Festung, Garnison und Staatsgefängnis besondere Bedeutung: Unliebsame Untertanen, auch hohe Staatsbeamte, die in Ungnade gefallen waren, schloss man in der Abgeschiedenheit der Burg ein. Eleonore von dem Knesebeck dürfte wohl die berühmteste Gefangene auf „Scharzfels“ gewesen sein. Als Kammerzofe der Kurprinzessin Sophie Dorothea - Frau des Kurprinzen Georg - wusste sie von Sophies Liebschaft zu dem Grafen von Königsmarck. Die Zerstörung der Burg am 29. September 1761 (Michaelistag) Mitte September 1761, im Siebenjährigen Krieg, umschlossen großräumig übermächtige französische Truppenkontingente unter den Generalen Victor und Vaubecourt die Festung „Scharzfels“, um sie zu erobern. Alle Unternehmungen blieben erfolglos. Erst durch Verrat kam man auf dem Liethberg in eine günstige strategische Position. Die Tage von „Scharzfels“ waren gezählt, obwohl der Festungskommandant, Hauptmann von Issendorf, mit seiner Besatzung tapferen Widerstand leistete. Ruine Scharzfels um 1875 Die Franzosen waren voller Euphorie, des Erfolges sicher, hatte man schon einen Kurier nach Paris geschickt, der den grandiosen Sieg zu vermelden hatte. Die bedeutendste Festung mit unermesslicher Beute war nach heldenhaftem Kampf eingenommen worden. Mit Siegesfanfaren, Freudenschüssen und Glockengeläut der „Notre Dame“ wurde die Eroberung der größten Festung Deutschlands gefeiert. Übergabe der Burg an die Franzosen Am 25. September 1761 erkannte Hauptmann von Issendorf die Aussichtslosigkeit und übergab, um Schlimmeres auszuschließen, die Feste an die Franzosen. Hauptmann Nero von den Franzosen war nicht mehr zu bremsen, er begann sofort mit der Bestandsaufnahme, um das Beutegut mit Bauernkarren aus der Umgebung von „Scharzfels“ abtransportieren zu lassen. Groß war die Enttäuschung: Die einziehenden Generale durften veraltete Kanonen, Pulverkarren und sonstiges Gerümpel ihr Beutegut nennen. Welch eine Blamage, besonders vor der Obrigkeit in Paris. Die Bauern mit ihren Transportkarren schickte man wieder talwärts und Hauptmann Nero, man könnte ihn mit seinem römischen Namensvetter vergleichen, war außer sich vor Wut. Die Bewohner der umliegenden Dörfer zeigten anfangs Begeisterung über die zerstörte Burg, wurden sie als Reihehausberechtigte (heute Mitglieder der Forstgenossenschaft) nicht mehr zu Hand- und Spanndiensten herangezogen. Die anfängliche Freude schlug bald in Wehmut um, war doch der Dienst eine angenehme Abwechslung mit allerlei Vergnügungen bei Bier und Wein in der sonstigen Tristesse des Alltags gewesen. 15 Der Harz 01/2012 |
Ruine „Scharzfels“ ein kultureller Mittelpunkt am Harz! Während andere verfallene Burgen im ehemaligen Fürstentum „Grubenhagen“ wie „Windhausen“, „Hindenburg“, „Lichtenstein“, um einige zu nennen, in Vergessenheit gerieten bzw. bestenfalls als Steinbruch dienten, entwickelte sich „Scharzfels“ als kultureller Mittelpunkt am Südharz. Besonders im 19. Jahrhundert erfreute sich „Scharzfels“ überregionaler Begeisterung. In dieser Zeit des nationalen Aufbruchs, Historiker nennen diese Epoche „Romantik“, besann man sich auf das Mittelalter mit seinen Burgen, Klöstern, Kirchen und Ruinen. Auch „Scharzfels“ mit seiner herausragenden Lage, dem historischen Burghof mit seiner imposanten Kulisse, die optimale Akustik eingeschlossen, bot den Rahmen für kulturelle Veranstaltungen aller Art. Sängerfeste, teilweise mit mehr als 200 Sängern wurden ab 1839 in regelmäßigen Abständen abgehalten und erfreuten die Gäste. Die Turnerschaft des Harz-Kyfflhäuser-Gaues hatte den Wert der Ruine als Austragungsort für Turnfeste erkannt und versammelte sich häufig auf dem Festplatz vor dem Ruinenfelsen, um seine Turndisziplinen zu demonstrieren. 1905 waren Tausende, Turner und Schaulustige, erschienen, um das große Schlossbergturnfest, die größte Veranstaltung seiner Zeit, zu erleben.
In den Jahren nach dem I. Weltkrieg war kaum noch Interesse an kulturellen Veranstaltungen auf „Scharzfels“. Ab und zu verlief sich ein Wanderer und hin und wieder gab es Maiveranstaltungen der örtlichen Belegschaften. Mit allerlei Baumbewuchs eroberte sich die Natur ihr angestammtes Territorium zurück. Die einstige Bedeutung der Ruine mit ihrem Charme ließ sich nur noch erahnen. Wenn es darum ging, die Anlage zu pflegen bzw. zu verschönern, arbeiteten Harzklubzweigverein Barbis und Nieders. Landesforsten gut zusammen. 1996 konnten mit Hilfe der Nieders. Landesforsten - Forstoberrat Arnulf Kühl sollte für seinen Verdienst erwähnt werden - umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt werden. In der Schlussbetrachtung sollte der Redakteur Erich Meyer zitiert werden, der 1961 in seinem Artikel zum Festakt zur 200jährigen Wiederkehr der Zerstörung von „Scharzfels“ voller Begeisterung feststellte: „dass die Trennung Deutschlands verschwinden und Geschichte werde, weil das Zusammengehörigkeitsgefühl des Deutschen und die Heimatliebe stärker sind als jede politische Macht. Quellenhinweis: 16 Der Harz 01/2012 |