Pilze in der Einhornhöhle bei Scharzfeld Fungi in the Unicorn-Cave near Scharzfeld - Text: Harry Andersson, Fotos: Dr. Ralf Nielbock - Zusammenfassung: In der Einhornhöhle wurden die folgenden Pilzarten identifiziert: Summary: In the Unicorn-cave the following species of fungi were identified: 1. Einleitung Unter der Erde erwartet man Pilze, oder genauer Pilzfruchtkörper, in Bergwerken bzw. an dem dort verbauten Holz, nicht aber unbedingt in Höhlen. Will man etwas über das Erscheinen von Pilzen aussagen, muss man ihre Lebens- und Ernährungsweise betrachten. Sie treten als Mykorrhizapartner in Verbindung mit Bäumen auf, ernähren sich als Saprobionten von toter organischer Materie wie Holz, Blätter, Nadeln, Kot, Horn, Tierleichen usw. oder leben auf Kosten anderer, lebender Organismen als Parasiten. Die Lichtverhältnisse der Einhornhöhle erlauben im Ein- und Ausgangsbereich sowie in der Nähe der Lampen lediglich das Wachstum von Moosen, Algen oder Flechten - und Pilzen, da Pilze als heterotrophe (griech. sich von anderen ernährend, hier jedoch nicht im Sinne von parasitierend) Organismen kein Licht benötigen. Nach lichenisierten oder zusammen mit Moosen symbiotisch oder parasitisch auftretenden Pilzen wurde jedoch nicht gesucht. Als Substrat für die Ernährung von Pilzen in der Einhornhöhle bleiben daher lediglich Blätter und andere eingewehte Pflanzenreste im Ausgangsbereich oder Holz; künstlich durch den Menschen eingebrachtes oder eingefallenes bzw. durch Tiere wie z. B. den Dachs eingeschlepptes Material. Dank Meiner Frau Monika danke ich für die Durchsicht des gesamten Holzstapels aus dem Jacob-Friesen-Gang bei sommerlicher Hitze. Herr Peter Schirmer (Hofgeismar) bestimmte freundlicherweise den Myxomyceten. Dank auch an Herrn Prof. Dr. Heinz Butin (Wolfenbüttel) sowie Herrn Dr. Rolf Kehr (Biol. Bundesanstalt, Braunschweig) für die Nachbestimmung einzelner Arten und wertvolle Hinweise. Den Besuch der Höhle und die Materialentnahmen ermöglichte Herr Dr. R. Nielbock (Osterode). 2. Methode Die erste Begehung der Einhornhöhle erfolgte am 03.05.2003 zufällig, als der Verfasser mit seiner Frau in der Nähe der Höhle Pilze kartierte und von Dr. R. Nielbock auf Pilzfruchtkörper innerhalb der Höhle aufmerksam gemacht wurde. Eine zweite, gezielte Untersuchung folgte am 5.7.2003. Fruchtkörper oder andere pilzliche Erscheinungen wie Rhizomorphen oder Ozonium wurden mitgenommen und zu Hause mit Hilfe von Bestimmungsliteratur und Mikroskop untersucht. 3. Ergebnisse Begehung 03.05.2003 Blaue Grotte, westliche Wand Aus dem Boden wächst ein dichtes Gewirr schwarz-brauner Rhizomorphen (Abb. 1), die zu einer Holz abbauenden Art der Gattung Armillaria (Hallimasch) gehören. Hallimasch ist der deutsche Sammelbegriff für Arten der Gattung Armillaria. In Europa werden z. Z. 7 Arten in dieser Gattung unterschieden (Butin 1996). Virchowgang Auf einem hölzernen, feuchten Lampensockel wachsen büschelig 4 schmächtige, graubraune, unreife Fruchtkörper. Sie gehören zur Gattung Mycena (Helmlinge). Jacob-Friesen-Gang In einer Nische des Ganges sind Reste von ehemals verbautem Holz gelagert. Einige Stücke wurden zur Untersuchung mitgenommen. Auf einigen Stücken Holz befinden sich etwa 2-Euro-Stück große, resupinate Porlinge, deren Poren stellenweise rosa gefärbt sind. Die Art konnte nicht identifiziert werden. Die rosa Verfärbung ist vermutlich nichtpilzlicher, möglicherweise bakterieller Herkunft. Begehung am 05.07.2003 Blaue Grotte, westliche Wand sowie Virchowgang, westliche Wand Bei dieser zweiten Untersuchung werden nicht nur in der Blauen Grotte (s. oben) sondern auch im Virchowgang Rhizomorphen des Hallimasch (Armillaria spec.)auf dem Erdboden entdeckt. Hier war das Ursprungssubstrat ebenfalls nicht festzustellen. Blaue Grotte, Elektroanlage, Stützbrett An einem Stützbrett der Elektroanlage wächst ein Rasen des kleinen, weißen Ascomyceten Dasyscyphella nivea. Jacob-Friesen-Gang In einer Nische des Ganges lagert seit Jahren Holz: Balkenteile, Bretter und kleinere Stücke. Das Holz wird vor die Höhle gebracht und auf Pilze untersucht. Auf einigen Holzstücken befinden sich wiederum ältere, bereits sehr weiche, resupinate kleine Porlinge; diesmal ohne rosa Farbtöne. Eine Bestimmung der Art ist nicht möglich. Auf einem weißfaulen Holzstück befinden sich ein frischer, kleiner, weißer Porlinge im Initialstadium. Eine Identifizierung ist nicht möglich. Virchowgang Auf dem bereits am 03.05.2003 untersuchten hölzernen Lampensockel wachsen an jedem Ende zwei einzelne Fruchtkörper Coprinus xanthotrix (Gelbschuppiger Tintling) (Abb. 2). Am seitlichen Holzrand ist noch das braune Ozonium zu sehen, in dem mehrere, bereits fast vergangene Coprinus-Fruchtkörper zu erkennen sind. Leibnitzhalle, Grabung Windhausen An einem weißfaulen, auf dem Erdboden liegenden Laubholz-Ast bildet der Basidiomycet Athelia neuhoffii einen creme-weißen, häutigen Überzug. Leibnitzhalle, Blockwerk Aus einem liegenden Laubholz-Ast, Fagus sylvatica oder Acer pseudoplatanus, entspringen mehrere fädige, bis 6,5 cm lange Anamorphen des Ascomycten Xylaria hypoxylon (Abb. 3). Die Nebenfruchtform ist deutlich an den weißbestäubten Spitzen zu erkennen. Xylaria hypoxylon wächst im Gebiet an mehr als 50 % aller Rotbuchenstubben (Andersson 1995). Hauptgang, westliche Wand Kleine, zarte, weiße Fruchtkörper auf einem liegenden Ast Laubholz. Sie sind nicht mehr eindeutig bestimmbar, da sie bereits wiederum von einem Pilz besiedelt sind. Es könnte sich dem Habitus nach um Marasmius epiphyllus handeln. 4. Diskussion Fruchtkörper von Pilzen zeigen im Rahmen ihrer genetischen Variabilität bestimmte farbliche Ausprägungen. Unter Ausschluss von Licht können diese Farben aber völlig oder stellenweise fehlen. Das kann man beobachten, wenn Fruchtkörper während ihres Wachstums z. B. völlig von Laub abgedeckt sind. Farblose, weiße Fruchtkörper sind aus Bergwerken bekannt. Der Eingangsbereich der Einhornhöhle erhält nur Licht durch gelegentliches Öffnen bei Führungen. Auch die eine geringe Helligkeit ausstrahlenden Lampen werden nur kurzzeitig im Zusammenhang mit Besuchergruppen oder - und dann länger - während wissenschaftlicher Untersuchungen angemacht. Lediglich der Bereich um die Ausgangstreppe wird konstant mit den Tageszeiten durch eine Öffnung im Fels mit Licht versorgt. Die in der Einhornhöhle gefundenen Fruchtkörper sowohl der Ascomyceten als auch der Basidiomyceten sowie des Myxomyceten wiesen eine "normale" Farbgebung auf.
Die verworrenen, schwarzbraunen Stränge sind Rhizomorphen des Hallimasch. 5. Literatur
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