und des Landkreises Osterode am Harz von Wie leben Fledermäuse im Winter? Wenn die ersten kalten Nächte im Spätherbst beginnen und damit auch die Insektendichte abnimmt, suchen die Fledermäuse frostgeschützte Stellen in Häusern, Baumhöhlen, Stollen, Kellern, Brunnen, Höhlen u.a. auf. Diese Winterschlafplätze können in beträchtlicher Entfernung von den Sommerquartieren, aber auch in unmittelbarer Nähe liegen. So unternehmen Fledermausarten wie die Rauhautfledermaus, Abendsegler und Kleiner Abendsegler weite Wanderungen bis 1700 km nach Süd- bzw. Südwesteuropa. Doch gleich ob einzeln in Spalten verkrochen, ob in Gruppen von der Decke hängend oder frei an der Wand festgekrallt, alle Fledermäuse erscheinen im Winter leblos. Die Tiere sind aber keineswegs tot - ihre Körperfunktionen sind nur weit herabgesetzt: Der Herzschlag ist um etwa 90 % herabgesetzt, die Körpertemperatur beträgt statt knapp 40 °C nur noch zwischen 2 ° und 10 ° und es treten Atempausen von über einer Stunde auf. Dieses physiologische Kunststück ermöglicht es, trotz der geringen Fettreserven das Winterquartier nach 5 - 6 Monaten wieder lebendig zu verlassen. Allerdings ist es dafür auch unerlässlich, dass sie nicht gestört werden. Denn jedes überflüssige „Wiedereinschalten“ des Organismus kostet viel Energie für das Erwärmen des Körpers. Die wird jedoch für gelegentliches, aber notwendiges Aufwachen während des Winters benötigt. Dann trinken die Fledermäuse Wasser von den Wänden, urinieren und wechseln auch die Winterquartiere. Fledermausfunde in der Einhornhöhle Aus der Einhornhöhle bei Scharzfeld liegen neben den umfangreichen Grabungsergebnissen von Dr. Ralf Nielbock nur wenige konkrete Altdaten über die Fledermausfauna vor. Nielbock fand bei seinen Grabungen in der Einhornhöhle 1985 - 1987 Knochen von 12 Arten: Große und Kleine Bartfledermaus, Bechsteinfledermaus, Braunes Langohr, Fransenfledermaus, Großes Mausohr, Kleine Hufeisennase, Mopsfledermaus, Teichfledermaus, Wasserfledermaus, Wimperfledermaus und Zwergfledermaus. Besonders interessant ist der Nachweis der Wimperfledermaus, die heute nicht mehr in Norddeutschland vorkommt. Rudolf Löns, der Bruder des bekannten Heimatdichters Hermann Löns aus der Lüneburger Heide, weilte wie sein Bruder aus familiären Gründen häufiger in Barbis. Hermann Löns veröffentlichte 1906 eine Zusammenstellung von Hannovers Säugetieren, wobei er nur die damals genannte Breitohrige Fledermaus (heute Mopsfledermaus) erwähnt. Wörtlich:„Rudolf Löns fand sie in Menge in der Einhornhöhle“. Heute gehört die Mopsfledermaus in ganz Niedersachsen zu den seltensten Arten. Erst über 90 Jahre nach dem Nachweis in der Einhornhöhle folgte durch den Autor ein Nachweis als Straßenverkehrsopfer bei Bad Sachsa im Jahr 1997. Neuerdings gibt es einige Netzfänge der Mopsfledermaus vor Südharzer Gipskarsthöhlen, allerdings nur mit Nachweisen von Männchen.
Ein weiterer historischer Nachweis stammt von Dr. Karl Tenius aus Hannover, der 1953/54 in seinen „Bemerkungen zu den Säugetieren Niedersachsens“ als neuen Fundort der Zwergfledermaus die Einhornhöhle angibt. Für die Arbeitsgemeinschaft für zoologische Heimatforschung in Niedersachsen (AZHN) war Tenius mit Dr. Ernst Rühmekorf aus Springe in den 50er Jahren häufiger im Harz zu Fledermaus-Winterquartierkontrollen und Markierung. Der Goslarer Fledermausforscher Friedel Knolle und – von ihm angeregt – die Höhlenforscher Rainer Hartmann und Friedhart Knolle der heutigen Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. fanden bei ihren kursorischen Fledermauskontrollen seit den siebziger Jahren in der Einhornhöhle immer nur einzelne Fledermäuse vor, bevorzugt in den Nebengängen; die Tiere wurden aus Artenschutzgründen aber nicht exakt bestimmt. Am 20.12.1987 wurde - nach Abschluss der Grabungen im Jacob-Friesen-Gang und der Abteufung der Bohrungen in der Höhle - von Friedhart Knolle, Bärbel Pott, Firouz Vladi und Siegfried Wielert erstmals eine vollständige visuelle Winterquartierkontrolle der gesamten Höhle vorgenommen. Dabei fanden sich 10 Fledermäuse im Winterschlaf: eine Bartfledermaus spec. in der Struckmanngrotte, eine unbestimmte Art (vermutlich Wasserfledermaus) im Weißen Saal, ein Großes Mausohr und ein Braunes Langohr im Schillersaal, ein Großes Mausohr im Bärengang, eine Bartfledermaus spec. und ein Großes Mausohr in der Leibnizhalle, eine Bartfledermaus spec. im Hauptgang nahe dem Schweinsrücken und ein Großes Mausohr in der von Alten-Kapelle. Insgesamt wurden in der Einhornhöhle bisher bei den jüngeren Untersuchungen folgende Arten als Winterschläfer nachgewiesen: Bartfledermaus spec. und Große Bartfledermaus, Braunes Langohr, Breitflügelfledermaus, Großes Mausohr und Wasserfledermaus. Bei einem Einbruch in die Höhle im April 1991 wurde ein männliches Mausohr wahrscheinlich erschlagen. Herausragend war der Fund einer Großen Bartfledermaus mit Aluminiumklammer B 40271 des Sächsischen Ministerium für Umwelt in Dresden (SMU Dresden) am 16. 2. 2003. Das Männchen wurde am 27. 7. 1999 im Naturschutzgebiet „Jederitzer Holz“ bei Havelberg, 175 km entfernt, von Bernd Ohlendorf aus Stecklenberg/Harz markiert (Karte). Abb. 2: Fernwanderung der Großen Bartfledermaus vom Jederitzer Holz in die Einhornhöhle Der Gesamtbestand der gefundenen Tiere im Winter hat sich in den letzten Jahren auf 21 Tiere im Winter 2002/2003 verdoppelt. Fledermausfunde im Landkreis Osterode am Harz Seit Beginn der Aktivitäten des Autors als Regionalbetreuer für den Fledermausschutz im Landkreis Osterode am Harz im Jahre 1985 sind jetzt fast 20 Jahre Daten über unsere fliegenden Insektenjäger am gesamten niedersächsischen Südharz gesammelt worden. In dem kleinen Landkreis Osterode am Harz, der aber naturräumlich sehr gut ausgestattet ist, sind inzwischen 18 Fledermausarten nachgewiesen worden. Im Landkreis Osterode am Harz nachgewiesene Fledermausarten
X = nachgewiesen ? = Nachweis noch offen bzw. nicht eindeutig Die einzige nicht mehr gefundene Art ist die Kleine Hufeisennase, die letztmalig ca. 1983 im Südharz im Winterquartier gefunden wurde. Gefahren für die schutzwürdigen Fledermäuse Trotz der Nachweise von 18 Fledermausarten im Landkreis Osterode ist die Zukunft nicht für alle Fledermäuse gut bestellt. So gibt es Funde von nur wenigen Exemplaren und andere von einigen hundert Tieren. Die Gefährdungspotentiale sind immer noch hoch für unsere Nachtjäger. So kommt ein Teil der Tiere durch Straßenverkehr, Windkraftanlagen,Sogwirkung von Ventilatoren u.v.m. um und andere nehmen jegliche Veränderung im Sommer- und Winterquartier übel. Über viele Jahre hatten Fledermäuse durch die Vergiftung ihrer Nahrung, der Insekten und Spinnen oder die Behandlung von Sommerquartierenmit Holzschutzmitteln zu leiden. Auch eine direkte Tötung bzw. Vernichtung von Sommer- wie Winterquartieren findet leider bis heute statt. Im Allgemeinen ist aber das Verständnis in der Bevölkerung, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, für Fledermäuse weitaus größer geworden. Auch Sie als verantwortungsvoller Besucher können viel für den Fledermausschutz tun! Helfen auch Sie mit, Störungen zu vermeiden, um diese faszinierenden Säugetiere auch im Winter zu schützen: bleiben Sie auf dem Führungsweg, rauchen und fotografieren Sie nicht in der Höhle! Denn Fledermäuse reagieren bei überraschenden Störungen durch Besucher wie Berührung, Anhauchen, Rauchen oder Blitzlicht sehr empfindlich. Dann „heult“ ihr Stoffwechsel gleichsam wie ein kalter Motor beim Start extrem schnell auf und die Fledermaus wacht innerhalb von wenigen Minuten auf. Geschieht dies zu oft, kann der daraus resultierende Energieverlust zum Winterende für das Tier tödlich enden. Manchmal hängen die Tiere auch im Bereich des Führungsweges der Höhlen und sind damit recht schnell solchen Störungen ausgesetzt. Literatur Knolle, F. (1988): Zur Situation der Fledermäuse im Harz. – Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachs. 17, Hannover Löns, H. (1906): Beiträge zur Landesfauna. 3. Hannovers Säugetiere. - Jb. Prov.-Mus. Hannover 1906 Nielbock, R. (1987): Holozäne und jungpleistozäne Wirbeltierfaunen der Einhornhöhle/Harz. - Diss. TU Clausthal Rackow, W. (1996): Bestandsverluste einzelner Fledermäuse (Chiroptera) im Landkreis Osterode am Harz von 1985 - 1995. - Mitt. AZHN 2 Rackow, W. (1997): Wiederfund der Mopsfledermaus Barbastellus barbastellus (Schreber 1774) nach über 90 Jahren im Landkreis Osterode am Harz. - Beitr. Naturk. Niedersachs. 50, Peine Rackow, W. (1999): Zum Aussterben der Kleinen Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros, Bechstein 1800) im Landkreis Osterode am Harz, Niedersachsen und angrenzenden Regionen. -Mitt. AZHN 5 Tenius, K. (1953/54): Bemerkungen zu den Säugetieren Niedersachsens. - Beitr. Naturk. Niedersachs. 6 & 7, Peine Informationen über Fledermausquartiere und Lebend- und Totfunde nimmt der Autor über folgende Adresse gern entgegen: Wir danken der Schriftleitung der Mitteilungen des Verbandes deutscher Höhlen- und Karstforscher für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag ebenfalls veröffentlichen zu dürfen. Weiterer Nachdruck oder Veröffentlichung bzw. Verbreitung in anderen elektronischen Medien nur mit schriftlicher Genehmigung der Schriftleitung. |