JUNG, Wolfgang & SPILKER, Martin (1969): Über ein bemerkenswertes Tiefenkarstvorkommen. – WOLFANG JUNG & MARTIN SPILKER, Sangerhausen 1. Einleitung Die Beschäftigung mit Karstphänomenen ist nicht nur wissenschaftlich außerordentlich reizvoll, sondern in vielen Fällen stellt die systematische Bearbeitung derartiger Komplexe eine zwingende Notwendigkeit zur Beurteilung ingenieurgeologischer und ähnlicher Probleme dar. In diese Kategorie gehört zweifelsohne auch die Aufhellung von Subrosionserscheinungen im große Teile der DDR bedeckenden Zechsteinsalinar. Verf. halten es daher für unerläßlich, diesen Gegenstand betreffende neue Beobachtungen und Erkenntnisse laufend zu diskutieren und teilen unter diesem Aspekt Erweiterndes für das südöstliche Harzvorland mit. 2. Bemerkung zur geologisch-hydrogeologischen Situation in der Mansfelder Mulde Unter Zugrundelegung neuerer geologischer Untersuchungsergebnisse haben JUNG & LIEBISCH (1966) in dieser Zeitschrift die untertägigen Wasserzuflüsse in ihrer geologisch-tektonischen Position mengenmäßig und chemisch charakterisiert und versucht, Herkunft und Wanderwege der Grubenwässer sowie die stattgehabten und rezenten Auslaugungsvorgänge zu analysieren und komplex zu interpretieren.
Erneute Veränderungen am Bindersee und im Zusammenhang damit stehende neue Daten über das Zuflussgeschehen in der Grube führten, wie im folgenden gezeigt wird, zu einer grundsätzlichen Erweiterung unserer Kenntnisse. 3. Über die Geschehnisse am Bindersee Am 3. April 1961 (vgl. KAMMERER 1962) entstand dicht am Westufer des Bindersees, eines Restsees des bis 1892 vorhandenen Salzigen Sees, ein Erdfall. Er erreichte bei Abmessungen von 18 x 25 m an der Oberfläche eine Tiefe von etwa 12 m. Der Erdfall war zunächst trocken, füllte sich aber nach und nach mit Wasser. Durch Nachbruch der Ränder entstand auch bald eine unmittelbare Verbindung mit dem Bindersee (Abb. 1). |
Abb. 1. Erdfall am Bindersee am 26.12.1961, Blick von S nach W (Foto: SPILKER)
Am 16. Dezember 1961 wurde festgestellt, daß unter geschlossener Eisdecke Wasser aus dem Bindersee in den Erdfall floß. Durch den Wasserverlust erhielt die Eisdecke Risse. Am 25. Dezember 1961 war der Erdfall plötzlich wasserleer, füllte sich aber im Laufe des 26. Dezember allmählich wieder, und am 27. Dezember hatte sich eine gleiche Höhe der Wasseroberfläche im See und im Erdfall eingependelt. Am 1. November 1968 wurde am Bindersee erneut ein Wasserspiegelabfall beobachtet, der unter zunehmender Abschwächung bis zum 6. November anhielt und insgesamt etwa 80 cm erreichte. Diese Niveaureduktion hatte ihre Ursache in einer offensichtlichen Belebung von Bewegungsvorgängen am Erdfall, in den nach Angaben der Wasserwirtschaftsdirektion Saale-Weiße Elster in Halle während etwa 110 Stunden circa 200 000 m³ Wasser eingeströmt waren. Im Erdfall selbst bildete sich ein flacher Strudel (Abb. 2).1)
Verteilt man die aus dem Bindersee abgeflossene Wassermenge gleichmäßig auf die Gesamtzeit der sichtbaren Veränderungen, so sind im Erdfall pro Sekunde 0,5 m³ Wasser verschwunden. Über evtl. Maximalabflüsse können weder zeitliche noch mengenmäßige Angaben gemacht werden. 4. Veränderungen der Grubenzuflüsse Sofort nach Bekanntwerden der vorstehend skizzierten Ereignisse am Bindersee im November 1968 wurde eine verschärfte Kontrolle der wichtigsten untertägigen Zuflußstellen im Grubengebäude der Mansfelder Mulde durchgeführt. Es ergab sich, daß lediglich im Bereich des Wassereinbruchs von 1907 im Gebiet der 5. Sohle, Zirkelschacht, Mehrzuflüsse auftraten. Sie setzten aber erst am 9. November, also 8 Tage nach Beginn der Seespiegelabsenkung ein und erreichten mit dem 16. November ihr Maximum, das 10 Tage beibehalten wurde.
Wie Abb. 4 zeigt, trat dann rasch eine Reduzierung ein, und am 15. Dezember war wieder Normalzufluß, der in der Größenordnung von 17 m³/min liegt, zu konstatieren. Wie Abb. 4 weiter veranschaulicht, lagen die Maximalmenge des Mehrzuflusses bei 6,5 m³/min und die Gesamtdauer der überdurchschnittlichen Schüttung bei 35 Tagen. Insgesamt flossen aus dem Bindersee rd. 170 000 m³ über normal zu. Diese Zahl stimmt mit der von der Wasserwirtschaftsdirektion angegebenen Wassermenge annähernd überein. Gleichlaufend mit dem Anstieg der Zuflußmenge unter Tage erhöhte sich die Dichte der Wässer von 1,190 auf 1,200. Festzuhalten ist noch die Beobachtung, daß die Hauptmenge des Mehrzuflusses im wesentlichen von zwei Austrittsstellen stammte. An einigen Zuflußstellen geringerer Intensität in unmittelbarer Nähe der beiden Hauptzuflußstellen erhöhten sich außerdem geringfügig die Schüttungsmenge und die Dichte der Wässer. Dadurch verschob sich die Grenze zwischen Süß- und Salzwasserzuflußstellen etwas nach Westen vom Salzrand weg (vergl. dazu JUNG & LIEBISCH 1966). 5. Ergebnisse Mit den geschilderten Begebenheiten werden die bisherigen hinsichtlich der Grubenhydrologie ausgesprochenen Vermutungen nicht nur als richtig erkannt, sondern es wird quasi mittels eines natürlichen, positiv verlaufenen „Markierungsversuchs“ der exakte Beweis erbracht, daß im Gebiet des ehemaligen Salzigen Sees versinkendes Wasser in den Grubenbauen des Kupferschieferbergbaus ausfließt. Damit sind zusammenhängende unterirdische Tiefenkarstgerinne on rund 20 km Länge im Zechstein-Salinar nachgewiesen. Der Höhenunterschied von Wassereintritts- zu Wasseraustrittsstelle beträgt rund 300 m. Die Fließgeschwindigkeit der Wässer liegt in der Größenordnung von 1 m/min und entspricht damit den Werten, die VIETE (1954) im Gipskarst des südlichen Harzrandes experimentell ermittelte.
Insgesamt schlußfolgernd kann jetzt kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß ein großer Teil des Grubenwasserüberschusses in der Mansfelder Mulde von Einzugsgebieten gespeist wird, die relativ weit weg vom Zechstein-Ausgehenden entfernt sind. Zusammenfassung Auf Grund geschilderter neuer Ereignisse im Südwestteil der Mansfelder Mulde werden früher geäußerte Vermutungen hinsichtlich der Grubenhydrologie als richtig erkannt und der exakte Nachweis erbracht für weiträumige Wasserwanderungen im Zechstein-Karst. Summery On the basis of new events described from the south-western part of the Mansfeld syncline suppositions uttered earlier on the hydrogelogie of mines were found to be correct, and it was produced exact evidence for large-area migrations of water in the Zechstein (Upper Permian) karst region. Literatur JUNG, W. & K. LIEBISCH: Die Grubenhydrologie in der Mansfelder Mulde. - Z. angew. Geol., 12, 10, 511-521, Berlin 1966.
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