13. Südharz-Symposium 12. August 2017 in Bad Sachsa |
Als Pangäa auseinanderbrach – wandernde Kontinente und die Entstehung von Ozeanen
Prof. Dr. Martin Meschede Wesentliche Grundlage für unser heutiges Bild der Erde sind die Vorstellungen der Plattentektonik. Eine zentrale Rolle in der Plattentektonik spielt das Gleichgewicht. Alfred Wegener erkannte, im Wesentlichen auf der Grundlage von paläontologischen Ähnlichkeiten – wie zuvor schon Antonio Snider-Pellegrini (1802-1885) und andere – , dass Afrika und Südamerika (und weitere Erdteile) ehemals einen Kontinent bildeten; was Wegener jedoch vor allem fehlte, war eine Erklärung über die Prozesse und Antriebskräfte der Kontinentalverschiebung. Unterstützt und weiterentwickelt wurden Wegeners Ideen durch Arthur Holmes (1890-1965) und Alexander Du Toit (1878-1948). Natürlich mussten einzelne Aussagen Wegeners später revidiert werden (zum Beispiel zur Verlagerung von Indien). Unser heutiges Bild der Erde wird bestimmt durch die „Potsdamer Kartoffel“, d.h. das bekannte Geoid mit seinen Dellen und Beulen, die im Wesentlichen auf Dichteunterschiede im Erdmantel zurückzuführen sind, und die Existenz der Lithosphärenplatten, die sich mit- und gegeneinander bewegen, angetrieben durch Konvektionsströme im Erdmantel. Plattengrenzen können unterschiedlicher Art sein: divergent (Mittelozeanische Rücken, kontinentale Rift Valleys), konvergent (Subduktionszonen) oder konservativ (auch als Transformstörungen bezeichnet; hier schieben sich Platten aneinander vorbei, wie z.B. beim San-Andreas-Graben).
Wesentlich weiterentwickelt wurden die Vorstellungen der Plattentektonik durch den US-Geologen Harry Hammond Hess (1906-1969), den kanadischen Geowissenschaftler John Tuzo Wilson (1908-1993) sowie durch W. Jason Morgan (*1935). Zum Zusammenhang der Dynamik der verschiedenen plattentektonischen Prozesse formulierte Wilson um 1970 den Wilson-Zyklus: die Idee, dass eine Lithosphärenplatte regelhaft verschiedene Stadien der tektonischen Entwicklung durchläuft.
Die erdgeschichtlichte Betrachtung der plattentektonischen Verschiebungen betont, dass im Unterperm die Landmassen der Erde in einem Superkontinent zusammengefasst waren (s. Abb.): Pangäa. Dieser beginnt in der späten Trias zu zerbrechen.
Lage der Ozeane und Landmassen im Unterperm: der Superkontinent Pangäa (Quelle: Wikimedia Commons)
Weltkarte der Lithosphärenplatten (Quelle: USGS, Wikipedia)
Das Gebiet des heutigen Deutschlands war im ausgehenden Perm, im Rotliegend (295-250 Mio. Jahre vor heute), vor allem von Vulkanismus und von der Sedimentation von Gebirgsschutt gekennzeichnet – nach der Variskischen Orogenese, die eine Gleichgewichtsbildung durch die Entstehung von Gebirgen an Grabenrändern darstellte. Danach stellte sich im nördlichen Mitteleuropa Dehnung ein und dadurch bedingt (wiederum im Sinne des Gleichgewichts) thermische Subsidenz (Absenkung unter Abkühlung): Das Zechsteinbecken entstand, das durch mächtige Sedimentpakete aufgefüllt wurde. Zechstein-Stratigraphie im Norddeutschen Becken und angrenzenden Regionen (verändert nach Menning et al. 2002, 2011; Menning und Hendrich 2005; Peryt et al. 2010); Quelle: Meschede 2015
Die Basis der Zechsteinabfolge bildet das Zechstein-Konglomerat; es verweist auf die plötzliche Überflutung durch die Transgression des Zechsteinmeeres, das ein Flachmeer bildete. Darüber liegen die Evaporite, die im typischen Eindampfungs- oder Salinarzyklus auftreten: Entsprechend ihrer Löslichkeit fallen verschiedene Minerale nacheinander im Meerwasser aus, das am schwersten lösliche zuerst: erst Calcit (CaCO3), dann Dolomit (CaMg[CO3]2), dann die Sulfate Gips (CaSO4 ∙ 2H2O) und Anhydrit (CaSO4) und schließlich Halit (Kochsalz, NaCl) sowie die Kalisalze.
Die Salzablagerungen des Zechsteins sind heute in der Regel nicht mehr in ihrer ursprünglichen Mächtigkeit anzutreffen, weil das Salz migriert. In der Tiefe ist das Salz deutlich weniger dicht als das benachbarte Sedimentgestein, es besteht eine Dichteinversion. Unter dem Druck des aufliegenden Gesteins wird Salz fließfähig und drängt nach oben, durch diesen Salzfluss entstehen Salzkissen und Salzdiapire, ja sogar ganze Salzmauern.
Paläogeographische Rekonstruktion Mitteleuropas (a) und Deutschlands (b) zur Zeit des Zechsteins (Oberperm). (Topographische Grundlage aus Blakey 2011; verändert und ergänzt nach Ziegler 1990; Peryt et al. 2010). Quelle: Meschede 2015
In der Trias schreitet die Subsidenz fort, die Sedimentation vollzieht sich allerdings eher unter terrestrischen und ariden Bedingungen. Im Jura beginnt das Rift-Stadium im Zusammenhang mit der Alpidischen Orogenese. An der Wende vom Oberen Jura zur Unterkreide senkt sich in Norddeutschland das Niedersächsische Becken ab, als ein Transtensionsbecken innerhalb einer Reihe von staffelartig angeordneten Becken. (Ein Transtensionsbecken entsteht entlang einer Seitenverschiebungszone, wenn zur Seitenverschiebung auch eine dehnende Komponente hinzukommt.)
Während die tektonischen Bewegungen in Mitteleuropa noch während der Unterkreide von Dehnungen dominiert waren, kommt es in der Oberkreide weit verbreitet zu kompressiven Bewegungen. Störungen, die als Grabenstörungen angelegt wurden, werden invertiert und fortan als Auf- oder Überschiebungsstörungen genutzt, als Resultat der großräumigen Änderung der Plattenbewegungsrichtung der Afrikanischen Platte in Bezug auf Europa in nordöstlicher Richtung, die in der Faltung der Pyrenäen ihren direkten Ausdruck findet.
In Mitteleuropa zeigen sich die Auswirkungen der oberkretazischen Kompressionstektonik in vielfältiger Art und Weise. Das bekannteste Beispiel ist die Harznordrandstörung, entlang der der Harz als Pultscholle ungefähr 6000–7000 m herausgehoben wude. Weitere Beispiele finden sich in der Osning-Überschiebung im Teutoburger Wald, in der Lausitzer Störung. Hier spielt nicht die Fernwirkung der Alpen herein, sondern die der Pyrenäen.
Plattentektonische Rekonstruktion der weiteren Umgebung des Mittelmeerraumes in der Unteren und Oberen Kreide. Wechselnde Bewegungsrichtungen der Afrikanischen und Europäischen Platte führten zur Inversionstektonik in Mitteleuropa. AM Armorikanisches Massiv, Br Briançonnais, Di Dinariden, Hel Helleniden, Ka Karpaten, NP Nordpenninischer Ozean, OA Ostalpin, PO Pyrenäen-Ozean, RBM Rheinisch-Böhmisches Massiv, SA Südalpin, ZM Zentralmassiv. (Verändert und ergänzt nach Kley und Voigt 2008; Handy et al. 2010; topographische Grundlage aus Blakey 2011). – Quelle: Meschede 2015 [Unter Verwendung von Meschede, Martin: Geologie Deutschlands. Ein prozessorientierter Ansatz. Berlin, Heidelberg 2015] |