Die früheren Unternehmungen der Zisterzienser - Wirtschaftswachstum und Entstehen einer Kulturlandschaft zwischen Walkenried und der Goldenen Aue Vortrag von Prof. Albrecht Pfeiffer Mit dem Sieg der Franken und der mit ihnen verbündeten Sachsen über die Thüringer im Jahre 531 bei Burgscheidungen vollzogen sich im Nordthüringer Raum grundlegende Veränderungen. Die Franken organisierten auch den erweiterten Teil ihres Reiches in Gaue. Unsere Region wurde zum Helmegau. Die Königsgewalt wurde gestärkt und zahlreiche Königsgüter geschaffen. Die Sachsen, die den Westteil des ehemaligen Thüringer Reiches besiedelt hatten, widersetzten sich immer wieder der königlichen Zentralgewalt. Ein Höhepunkt dazu war die erzwungene Schleifung der Befestigungsanlagen, die Heinrich IV. hatte anlegen lassen. Dies betraf in unserem Raum die Sachsenburg bei Sachsa um 1074.
Ziel unserer Darstellung ist unter diesen Aspekten die Entwicklung und Organisation der Klosterwirtschaft Walkenrieds mit besonderer Berücksichtigung der Urbarmachung der Goldenen Aue aufzuzeigen. Zum Aufbau und zur Organisation der Grangien Grangien sind Wirtschaftshöfe der Zisterzienserklöster, insbesondere Landwirtschaftsbetriebe. Die Betriebe können als Fortsetzung der Organisationsform der zahlreichen Krongüter unseres Raumes angesehen werden. Sie standen aber im Gegensatz zur übrigen Organisation der Landwirtschaft. Hier dominierte die bäuerliche Landwirtschaft mit unterschiedlicher Abhängigkeit vom Adel.
Die exakte Bestimmung der Anzahl der Grangien und ihrer Flächen wird durch zahlreiche Erwerbungen und Tausch von Land zur Konsolidierung und Vergrößerung der Betriebsareale erschwert. Zwar sind viele Urkunden erhalten, oftmals fehlen aber Flächenangaben oder genauere Flurbezeichnungen. So finden sich den auch in der Literatur unterschiedliche Angaben über Anzahl und Größe der Grangien. Leuckfeld (1706) gibt 37 Landwirtschaftgüter an, Stübner (1708) 31, Baumann (1977) 16. Wir haben in Tabelle 1 fünfzehn Landwirtschaftsbetriebe und fünf Weingüter angeführt. Die Karte 1 zeigt ihre Lage in unserem Raum. In rund 150 Jahren haben die Walkenrieder Zisterzienser eine landwirtschaftliche Nutzfläche von etwa 6000 ha in Eigenbetrieben bewirtschaftet und von schätzungsweise 2000 ha LN Abgaben und Dienstleistungen von Fronbauern verlangt. Eigentlich hätten die Grangien nur zur Eigenversorgung des Klosters dienen dürfen. Bei dem Flächenumfang wurde natürlich ein erheblicher Überschuß erzielt, der zum Verkauf stand. Im 13. Jahrhundert vollzog sich ein allmählicher Übergang von der Natural- zur Marktwirtschaft. Dies betraf auch die Wirtschaftsprinzipien der Mönche, die nun über den Verkauf von Agrarprodukten als auch dem realisierten Kapital eine beträchtliche wirtschaftliche Macht erhielten. Die Grangien mit Durchschnittsgrößen von 500-700 Morgen (125-175 ha) wurden nicht von Mönchen – denen war eine längere Anwesenheit auf den Höfen außerhalb des Klosters verboten – sondern von Konversen, d.h. Laienbrüdern, bewirtschaftet. Im Jahre 1280 zählte man im Kloster Walkenried 80 Mönche und 180 Konversen (Heutger, 1977). Die Anzahl der Konversen reichte zur Bewirtschaftung der Güter nicht aus, deshalb mußten Lohnarbeiter (mercenari) und deren Familienmitglieder (familiari) beschäftigt werden. Die Leitung der Betriebe oblag einem „Hovemeister“ (magister oder rector). Oberster Dienstherr war der cellerarius des Klosters (Schneider, 1986). Im Ackerbau herrschte die Dreifelderwirtschaft vor. Gepflügt wurde dreimal, bis das Feld saatfertig war. Eggen waren noch unbekannt. Die Gewanne (Flurblöcke) waren in lange und schmale Flurstücke unterteilt. Im Anbau dominierte Getreide, hierbei stand für Walkenried und seine Grangien Hafer an erster Stelle. Es folgte Gerste, Roggen und Weizen. Der Weizen wurde fast vollständig verkauft. Die Erntemenge betrug im Durchschnitt das 2-5fache der Aussaat, in der Goldenen Aue in guten Jahren das 6-7fache. Es ist anzunehmen, daß die Zisterzienser über ihre guten Verbindungen zu Frankreich und Italien wesentliche Beiträge zur Einführung neuer Gemüsearten und Obstsorten leisteten. Verläßliche Quellen für diese Annahme sind bisher nicht gefunden. Sicher ist, daß die Apfelsorten „Borsdorfer“ (benannt nach einem Vorwerk des Tochterklosters Pforta) und die „Graue Renette“ den Zisterziensern zu verdanken sind. Als Zugtiere wurden Ochsen und Pferde eingesetzt. Die Ochsen wurden zum Pflügen bevorzugt. Pferde wurden mit Sielenblattgeschirr, seltener mit dem erst später üblichen Kummet angespannt. Zwei Pferde entsprachen in der Zugleistung 3 Ochsen und reichten etwa in das 17. Jahrhundert aus, um 20-30 Morgen (5-7,5 ha) zu bewirtschaften. Die Einführung der Fruchtfolge, der Aufgabe der Brache und ihrer Nutzung durch Feldfutter und Hackfrüchte stieg später der Zugtierbedarf erheblich an. Beim Viehbestand dominierten Rinder und Schweine. Ein Beispiel, das Wiswe (1953) vom Klostergut Walkenried aus dem 17. Jahrhundert anführt, kann dies demonstrieren. Walkenried hatte auf 94 ha Grünland 165 Rinder, 140-300 Schweine, 30-40 Schafe, 23 Ziegen, 30-60 Gänse und ebensoviele Hühner. Dazu waren 48 Pferde vorhanden. Die Rinder, Schafe und Ziegen ernährten sich fast vollständig vom Grünland. Die Schweine wurden im Herbst in den Buchen- und Eichenwäldern gemästet. Zur Urbarmachung der Goldenen Aue Die Goldene Aue war vor ein paar tausend Jahren noch ein großer See, an dessen Ufern vorgeschichtliche Siedlungsspuren nachweisbar sind (Auleben, Bilzingsleben). Zur Zeit der Gründung und Entwicklung des Klosters Walkenried wurde in ein Oberes Rieth, von Nordhausen bis etwa Wallhausen und ein Unteres Rieth von Wallhausen südlich bis etwa Memleben an der Unstrut unterschieden. Beide Riethgebiete waren zum größten Teil landwirtschaftlich nicht nutzbar. Die Riethfläche im Kreis Nordhausen umfaßte etwa 5-6000 ha, im Kreis Sangerhausen etwa 8000 ha und dem früheren Kreis Artern etwa 2000 ha, insgesamt um die 15.000 ha Land. Das Gebiet ist durch Schwemmlandböden von oft guter Fruchtbarkeit gekennzeichnet. Die Ackerzahl erreicht heute 80-100 Punkte. Allerdings ist der Grundwasserstand mit 20-60cm im Frühjahr oft zu hoch. Dagegen sinkt er bei ausgeprägter Vorsommertrockenheit stark ab, was zum „Ausbrennen“ des Grünlandes und Trockenschäden der Ackerkulturen führt. Der Name Goldene Aue ist in seinem Ursprung nicht eindeutig. 1148 wird ein Ort „Oh“ nahe der heutigen Aumühle genannt. 1485 wird das Gebiet bei Langenrieth mit „Güldin Owe“ bezeichnet. |
Die großen Überschüsse, die Walkenried mit seinen Grangien nd durch die Abgaben der Bauern erhielt, mußten vermarktet werden. Dazu wurden Klosterhöfe gegründet, die auch als Stadtvertretungen des Klosters fungierten. Solche Klosterhöfe entstanden 1206 in WürzburgDeutlich wird der Bezug zu den großen Städten des Harzrandes, aber auch zum Harzgebiet, dessen Montanindustrie mit Lebensmitteln aus dem Vorland versorgt werden mußte. Das Kloster hatte sich bei Kaiser und Landesfürsten das Recht erkämpft, in aller Freiheit, d.h. ohne Abgaben in den Klosterhöfen zu verkaufen und kaufen. Zum Niedergang der Klosterwirtschaften Der Niedergang der Klosterwirtschaften begann im 14. Jahrhundert. Es gibt mehrere Faktoren, die sich hierbei auswirkten. Ein Hauptgrund ist jedoch, daß landwirtschaftliche Großbetriebe geschaffen wurden, die kaum ökonomische Vorteile gegenüber den bäuerlichen Wirtschaften erbrachten.
Neben den schon erwähnten Naturkatastrophen und Kriegen war diese durch den Übergang von der Natural- zur Warenwirtschaft gekennzeichnet. Damit verbunden ist eine starke Zentralisierung der Siedlungen. Eine Zunahme der Bevölkerung, Erbteilung in der Landwirtschaft, die zu Landwirtschaftsbetrieben führte, die den Familien kein ausreichendes Einkommen sicherte, und die Abwanderung in die Städte sind weitere Symptome dieser Krise. Zusammenfassend können wir feststellen, daß das Kloster Walkenried mit seinen Landwirtschaftsbetrieben vor über 800 Jahren einen bedeutenden Einfluß auf die Kulturlandschaft unserer Region hatte. Dabei darf man aber auch die Mitwirkung deutscher, slawischer und flämischer Bauern mit ihren eigenständigen Aktivitäten nicht vergessen werden. Literatur
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