4. Südharz-Symposium 26.-27. Mai 2000 in Neustadt / Südharz

 
Neue Gäste braucht das Land
 

Vortrag von Ingeborg Ehrenberg
 

Einleitung
Durch die Gesundheitsreform und die damit verbundenen Einsparungen sind die deutschen Kurorte in eine Strukturkrise geraten - auch Bad Sachsa bildet da keine Ausnahme. Dieser tiefgreifende Wandel macht einen touristischen Neuansatz für Angebot und Vermarktung notwendig, will man den veränderten Rahmenbedingungen erfolgreich begegnen. Dabei entsteht in erster Linie die Notwendigkeit, sich auf ein neues Gästepotential und dessen Erwartungen auszurichten. In Bad Sachsa wird seit dem Rückgang der Übernachtungen intensiv darüber nachgedacht, wie der Ort für gesundheitsbewußte Urlauber und Kurzurlauber interessant und attraktiv gestaltet werden kann, um die Übernachtungszahlen wieder ansteigen zu lassen. Auch wir haben erkannt, dass sich das Gästeverhalten und die Entwicklung im touristischen Bereich in den letzten Jahren - nicht zuletzt durch die Auslandserfahrungen der Touristen - erheblich verändert hat. Daher müssen wir uns bemühen, mit den neuen Anforderungen im Tourismus Schritt zu halten. Mit einzelnen Maßnahmen ist das mit Sicherheit nicht zu leisten. Dadurch können lediglich geringfügige Korrekturen an der bisherigen Strategie, sich auf dem Markt zu behaupten, vorgenommen werden. In der Konsequenz bedeutet das vor allem eines: dass die gesamte touristische Infrastruktur neu geformt werden muss.

1. Was wird in Bad Sachsa intern getan, um sich auf die Zukunft vorzubereiten?

  • Eine wesentliche Grundlage des neuen Bewusstseins ist eine enge Zusammenarbeit aller Institutionen, Verbände, Vereine usw., die mit dem Tourismus zu tun haben (DEHOGA, Kur- und Verkehrsverein, Werbegemeinschaft, Harzklub, Stadt und Kurbetrieb). Dies dient:
      1. dem gemeinsamen Informations- und Erfahrungsaustausch,
      2. der besseren Koordination von Aktivitäten,
      3. der Bündelung aller Kräfte.

      Wir in Bad Sachsa haben erkannt, dass wir nur gemeinsam etwas bewirken und bewegen können. Deshalb muss das Miteinander Priorität haben. Ist dies nicht gewährleistet, lässt sich nichts verändern, und wir bleiben auf der Strecke. Das bemerken auch die Gäste, die zu uns kommen. Wir müssen ihnen das Gefühl und die Gewissheit geben, dass es sich allemal lohnt, in Deutschland Urlaub zu machen, dass sie uns willkommen sind. Denn wir haben doch alles, was man zum Erholen und zum Vergnügen braucht. Wir müssen es nur richtig anbieten. Und natürlich auch für den erforderlichen Rahmen und Mindeststandard unserer Häuser und Restaurants Sorge tragen. Gastorientierung bedeutet, Informationen über die Zufriedenheit und die Wünsche der Gäste zu sammeln und diese zur permanenten Steigerung der Angebotsqualität zu nutzen. Qualitätskriterien müssen festgelegt, umgesetzt und laufend weiterentwickelt werden. Aufgrund der Vielfalt der Gästeerwartungen kann ein einzelner Tourismusbetrieb nicht mehr die Wünsche der Gäste erfüllen. Er muss sich vielmehr auf jene Zielgruppe konzentrieren, deren Anforderungen er aufgrund seiner Lage, Ausstattung oder Mitarbeiter bestmöglich erfüllen kann.

    • Im Rahmen einer von der Bürgermeisterin der Stadt Bad Sachsa, Frau Helene Hofmann, ins Leben gerufene Tourismusoffensive wurden in den letzten zweieinhalb Jahren Ausschüsse gegründet, in denen interessierte Bürger Ideen entwickeln und Vorschläge erarbeiten, wie sich Bad Sachsa seinen Gästen gegenüber ansprechend und attraktiv präsentieren kann. So hat z.B. der Zukunftsausschuss, der in einzelne Arbeitsgruppen wie Senioren-, Stadtbild-, Wanderwege- und Tourismus-AG untergliedert ist, wertvolle Impulse in dieser Richtung geliefert /z.B. die Konzeption für einen Wanderführer mit sechs ausgewählten Wanderwegen rund um Bad Sachsa, die Renaturierung der Uffe, ein Spiel- und Bolzplatz. Dabei wird natürlich darauf geachtet, dass bei der Realisierung von Projekten sowenig Kosten wie möglich entstehen, weil vieles in Eigeninitiative verwirklicht wird.
    • Die in regelmäßigen Abständen durchgeführten Versammlungen der Vermieter mit der Bürgermeisterin tragen zum besseren Verständnis für einander und zum Gedankenaustausch von Kritik und Erfahrung bei.
    • In Zusammenarbeit mit der Bildungsvereinigung "Arbeit und Leben" aus Göttingen führt der DEHOGA-Ortsverband Bad Sachsa Seminare durch. Diese Seminare sollen Vermieter und Gastronomen befähigen, sich künftig besser mit den veränderten Marktgegebenheiten und den Bedürfnissen der Gäste auseinander zu setzen. Bisherige Themen waren u.a. "Neue Gäste hat das Land! - Zielgruppen erkennen und Angebote dafür gestalten" , "Pauschalangebote - Leistung im Paket" und "Marketing: Werbung und Verkauf - wie vermarkte ich mich richtig?". Dank der Finanzierung durch den Europäischen Sozialfonds und das Land Niedersachsen sind diese Weiterbildungsmöglichkeiten für alle Teilnehmer kostenlos. Die Seminare waren bisher sehr erfolgreich und werden von den Mitgliedern gern angenommen, weil sie von kompetenten Dozenten aus dem Tourismusbereich vermittelt wurden; insofern fügen sich diese Aktivitäten in die erwähnte Tourismusoffensive ein, die in unserem Ort eingeleitet wurde. Weitere kostenlose Kurse sollen folgen. Diese "Arbeit an der Basis" halte ich für besonders wichtig, weil der direkte Kontakt mit dem Gast dessen Zufriedenheit mit Angebot und Service wesentlich mitbestimmt.
    2.Was wird getan, um Bad Sachsa bekannt zu machen und neue Gäste zu gewinnen?
    • Um den Bekanntheitsgrad Bad Sachsas zu erhöhen, haben wir mit dem Kurbetrieb Gemeinschaftswerbungen geschaltet. Dies erlaubt uns, die Aufmerksamkeit auf Bad Sachsa in einem größeren Rahmen zu lenken. Durch die Verwendung des jeweils gleichen Layouts hat man den Vorteil einer besseren Einprägsamkeit und Wiedererkennung.
    • Das alte Kur- und Urlaubsjournal ist durch ein grundlegend neu konzipiertes Gastgeberverzeichnis in enger Verbindung mit einer Reihe von Flyern zu verschiedenen Themen (Gesundheit, Familie/Wandern, etc.) abgelöst worden. Auch hier wird ein hoher Wiedererkennungswert durch eine einheitliche Gestaltung gewährleistet.
    • Ein großer Teil der Gastronomen und Vermieter sind schon dem modernen Kommunikationsmittel Internet angeschlossen und wirbt darin für seine Betriebe, weil gerade diese Art der Vermarktung immer wichtiger wird.
    • Ein Infomobil fährt mehrmals im Jahr Städte in Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an, um für Bad Sachsa zu werben. Daran können sich Vermieter mit ihren eigenen Prospekten beteiligen. Die Werbung wird meistens auf Märkten abgehalten. Der Kur- und Verkehrsverein organisiert dafür Harzer Wurstspezialitäten und Harzer Kräuterlikör, die an Interessierte verteilt werden. Für den kulturellen Rahmen ist fast immer eine Hexe und eine Brauchtumssängerin bzw. Jodlerin dabei.
    • In Bad Sachsa gibt es keine Kurverwaltung mehr. Es wird eine Vertriebs- und eine Vermarktungsgesellschaft gegründet. Mit gezielter Werbung und modernen Marketingmethoden soll das Interesse neuer Zielgruppen für Bad Sachsa als Urlaubsort geweckt werden. Dabei werden im Rahmen der touristischen Neuorientierung auch neue Akzente hinsichtlich des Erholungs-, Freizeit- und Erlebnischarakters des Ortes und der Region gesetzt werden, um das bisher noch weit verbreitete Image als reiner Kurort abzulösen.
    3.Was wird in Bad Sachsa getan, um Aufenthalte in Bad Sachsa attraktiv zu gestalten?
    • Information und Service:

    • Der Gast erwartet viel Information über den Ort selbst und über das Umfeld, z.B. über Sehenswürdigkeiten, Kultur und Veranstaltungen, die der Ort bietet. Dabei sollte man exakt mit dem werben, was der Ort und die Region tatsächlich zu bieten hat. Sonst ist die Enttäuschung groß, und man erreicht genau das Gegenteil: die Gäste kommen nicht wieder. Die Häuser müssen über den normalen Standard hinaus einen ausgezeichneten Service liefern. Der Gast ist umweltbewußter geworden, reagiert aber auch sensibler auf die Preisgestaltung und stellt höhere Ansprüche in bezug auf das ihn erwartende Angebot, d.h. das Preis-Leistungs-Verhältnis wird genauer analysiert. Andererseits werden - was die Erfahrung immer wieder zeigt, überdurchschnittliche Qualität und Bemühungen in besonderer Weise geschätzt. Das Wichtigste sollte sein, dem Gast das Gefühl zu geben: "Wir freuen uns, dass du da bist".
    • Ausweitung von Service und Angebot:

    • Für die gewandelten Ansprüche der Gäste wird natürlich auch viel getan: das Kurmittelhaus hat sich den neuen Anforderungen angepasst und bietet beispielsweise Entspannungskurse, Rückenschule an modernsten Geräten, Fitness und andere der Zeit entsprechenden Anwendungen an. Die Vermieter haben Gelegenheit, den Pauschalangeboten des Kurmittelhauses ihr eigenes Angebot beizufügen, die eine attraktive, individuelle Urlaubsgestaltung erlauben. Auch für die EXPO haben sich die Betriebe und der Ort gerüstet und spezielle Angebotspakete geschnürt. Wir haben die Gelegenheit, Gästen innerhalb von 12 Stunden ein Eintrittsticket mit Transfer oder Parkplatz zu besorgen. Wir hoffen, dadurch nicht nur neue Gäste zu bekommen, sondern unseren Stammgästen einen besonderen Service bieten zu können.
    • Aktivitäten zu besonderen Anlässen:

    • Der Kur- und Verkehrsverein lässt sich immer wieder zu besonderen Gelegenheiten wie Weihnachten, Ostern oder Walpurgis - und natürlich auch zwischendurch - eine Menge einfallen, um in Zusammenarbeit mit der DEHOGA, den Gästen vor Ort etwas Besonderes während ihres Aufenthaltes zu bieten (Weihnachtsmarkt, Walpurgisfeier auf dem Gipfel des Ravensberges, etc.). Eine große Bereicherung für das kulturelle Angebot in Bad Sachsa ist der Kulturverein "Forum Art". Ihm gehören hochkarätige Künstler aus Bad Sachsa (Maler, Musiker, Dichter und Historiker) an. Der Kulturverein organisiert regelmässige Ausstellungen für Gäste und Einheimische. Dies wird natürlich auch gern angenommen. Die Gastronomie und die Beherbergungsbetriebe bemühen sich, den Anlässen entsprechend interessante und abwechslungsreiche Angebote zu schaffen.
    • Attraktivität des Stadtbildes:

    • Zur Verschönerung des Stadtbildes organisieren der Kur- und Verkehrsverein und die Stadt Bad Sachsa Wettbewerbe für die schönsten Fensterdekorationen an Festtagen oder die Prämierung der schönsten Gärten und Blumenkästen. Außerdem wird darauf geachtet, dem Umweltbewußtsein der Gäste entgegen zu kommen. Eine gepflegte Stadt, mit ausreichender Anzahl von Abfallbehältern sowie saubere und jederzeit zugängliche Toiletten müssen zur Verfügung stehen. Dies sind Dinge, die wir von unseren Bürgern und unserer Stadt einfordern.
    4. Was wir uns wünschen:

    Hilfe von der Politik auf kommunaler- und Bundesebene in Sachen Steuerreform z.B. Senkung der Lohnnebenkosten, Abschaffung der Öko-Steuer und der Trinkgeldbesteuerung sowie ein Überdenken des Mehrwertsteuer-Satzes. Das würde ganz sicher zur Folge haben, dass wieder Rücklagen gebildet werden, dass mehr Personal eingesetzt werden könnte und gleichzeitig auch wieder in kleinere Betriebe investiert würde.

    Schluss
    Wir sehen der Zukunft optimistisch entgegen, weil wir eines erkannt haben: es ist wichtig, uns gemeinsam dafür stark zumachen, etwas für den Ort und damit für unsere Gäste zu tun. So können wir vielleicht auch dem Sterben kleinerer Häuser entgegenwirken. Denn welcher Gast macht schon gern Urlaub in einem Ort mit Geisterhäusern! Auf der Grundlage dieses Bewusstseins sollten wir noch weiter denken und versuchen, dies auf den gesamten Harz zu übertragen, d.h. gemeinsam für den Harz zu werben und damit Geschlossenheit zu demonstrieren. In diesem Zusammenhang muss stets darauf geachtet werden, dass die besonderen Vorzüge des Harzes in den Vordergrund gestellt und anschaulich präsentiert werden. Wenn dies gelingt, können wir mit gerechtfertigter Zuversicht davon ausgehen, dass das Interesse an der Urlaubsregion Harz wieder steigt.

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