Der Kaiserweg - Wandern über Ländergrenzen. Gestern und heute, neuer umweltgerechter Trend. Vortrag von Klaus Großmann Über Wandern zu sprechen - diese Aufgabe ist nicht einfach, kann man denn das Gefühl der unendlichen Freiheit in der Natur in Worte fassen? Jeder Wanderer nimmt den Aufenthalt in der Natur mit seinen Schönheiten, Gewalten und Lieblichkeiten anders wahr. Wandern und Wanderung - diese Worte in vieler Leute Mund - was bedeuten sie? Wie kann man sie beschreiben? In einem Lexikon steht es so: "Wandern ist aus urtümlichen Bedürfnissen erwachsen". Dazu zählen solche wie: Wandertrieb, Erlebnisdrang, Reisebedürfnis, Naturverbundenheit, zu allem könnte man noch mehr im einzelnen sagen. Dafür gibt es aber heute kaum Zeit. In früheren Jahren wurde Wandern zur Erweiterung der Kenntnisse, Vertiefung der Erfahrungen in mancherlei Formen betrieben. Heute ist Wandern nicht nur eine aktive Freizeitbeschäftigung in der Natur, sondern dient auch als Bewegungsform zur Aufnahme von historischer oder anderer Begebenheiten bzw. naturwissenschaftlichen Eindrücken. Einen Wandertrieb hat, mehr oder weniger stark ausgeprägt ein jeder von uns in sich. Immer steht heute ein Erholungsbedürfnis im Vordergrund, zu dessen Befriedigung haben verschiedene Gebirgs- und Wandervereine in ihren Bereichen begonnen Wanderwege anzulegen, auszuschildern und in begehbarem Zustand zu erhalten. Sehr intensiv werden die Beschreibungen des Harzes und seiner Orte in Reiseführern vorgenommen. In Taschenbüchern vielfältiger Art bekommt der Interessierte spezielle Informationen mit teilweise sehr gutem Kartenmaterial. Immer mehr Freizeit und die damit verbundene bessere Versorgungslage locken viel Neulinge in die Natur. Familien entdecken wieder, daß Wandern eine neue und doch schon sehr alte Freizeitbeschäftigung ist. Eine neue Form des Wanderns erfreut sich zunehmender Beliebtheit, daß Radwandern. Aber zu Fuß kann man sich intensiver mit der Natur ihrer Schönheit und den vielen kleinen Erlebnissen am Wegesrand, beschäftigen. Kindern kann man die Tiere des Waldes zeigen, ohne diese zu stören. Die Überlebensmöglichkeiten mit dem was die Natur uns bietet, sowie eine große Reihe von Erlebnissen erleben lassen. Natur pur erleben - das ist unser Motto. Lassen sie mich nun etwas zu einem besonderen Wanderweg der unseren Kreis auf fast 60 km Länge streift hier erläutern. Es handelt sich um den Kaiserweg. Von Goslar über Bad Harzburg fuhrt ein großer Weg, der sogenannte Heidenstieg, heute Kaiserweg, über den Harz nach Nordhausen und weiter bis nach Tilleda zur Königspfalz. Dieser schöne und bekannte Wanderweg soll der Fluchtweg Heinrich IV. vor den rebellischen Sachsen gewesen sein. Durch die Grenzen des 2. Weltkrieges war dieser Weg unterbrochen und endete in Walkenried, am ehemaligen Zonenblick. Der Harzklubzweigverein Nordhausen hat nach seiner Wiedergründung 1996 sich ein großes Ziel gestellt diesen Weg wieder zu schließen und nach seinem altem Endpunkt zu fuhren. Dieser Wanderweg ist heute wieder 107 km lang und in mehreren Etappen zu erwandern. Er beginnt in Bad Harzburg mit dem Aufstieg auf den Burgberg. Dann geht es auf die Strecken über das Molkenhaus, die Muxklippe bis zum Oderbrück (einer Ausfluggaststätte an der B 4). Weiter über Königskrug nach Braunlage. Hier kann man den Weg verlassen wenn man in Braunlage Pause bzw. Übernachten möchte. Sonst geht es am Kinderheim vorbei bis man schließlich Walkenried erreicht hat. Diese Strecke ist ca. 40 km Lang. Nach dem Besuch des Klosters geht es auf den Weg nach Nordhausen. Diesen Streckenabschnitt möchte ich etwas näher erläutern. Nachdem wir Walkenried verlassen haben führt uns der Weg entlang der Bahnstrecke zum Itelteich und hier betreten wir den Landkreis Nordhausen. Am ehemaligen KZ-Julishütte (Erich, einem Außenlager des KZ-Dora) verweilen wir am Gedenkstein. Die Stadt Ellrich, die nördlichste Stadt des Landes Thüringen bleibt nördlich von uns liegen (natürlich wird der Wanderführer einiges zu Ellrich den Wanderfreunden mitteilen). Wir gehen hinter dem Gipswerk auf dem ehemaligen Kolonnenweg auf die Höhe, überqueren die Landstraße nach Gudersleben und begeben uns auf der Gegenseite in den Kammerforst. Diesen schönen Buchenwald durchwandern wir und werden auf die Besonderheiten des Gipskarstes durch den Wanderführer aufmerksam gemacht. Am Ende des Waldes kommen wir auf die Höhen vor dem Ort Woffleben. Mit einem schönen Ausblick auf den Harz erfahren wir wieder etwas zur Geschichte Wofflebens sowie dem ehemaligen Nonnenkloster Bischofrode, sowie die Kelle und dem Himmelsberg. Auf der Landstraße geht es in Richtung Ort, beim erreichen der Bahnstrecke Nordhausen-Northeim biegen wir rechts ab und gehen nun auf einem Teilstücke der alten Heeresstraße zum Kohnstein. Unterwegs überqueren wir die Wieda, einen Fluß der selten im Sommer Wasser führt. Auf dem Komödienplatz machen wir eine Rast. (Alte Spielstätte der Nordhäuser Gymnasien). Entlang dem Weg oberhalb des Krematoriums kommen wir in die Gedenkstätte des Mittelbau-Dora. (Hitlers Geheimwaffenproduktionsstätte). Hier ist es möglich einen Abstecher zu machen zur Besichtigung der Stollenanlagen bzw. der Gedenkstätte. Der Kohnstein ein kleines Mittelgebirge ist von uns durchwandert, interessant seine alte Geschichte (Burgen und Wallanlagen). Am Parkplatz hat man einen schönen Blick auf die drittgrößte Quelle Deutschlands den Salza-Spring, eine Gipskarstquelle. Auf dem Reitweg Goethes geht es nun in die ehemalige Reichsfreie Stadt Nordhausen wo am Rathaus beim Roland unser Etappenziel erreicht ist. Der Weg bis hierher war etwa 23 km Lang. Nach einer Übernachtung in einem Hotel geht es nun auf den weiteren Weg bis nach Tilleda. Wir Wandern entlang den Bielener Kiesteichen immer entlang der Zorge, unter der neuen Autobahn hindurch bis nach Heringen, am Bahnhof kommen wir an. Hier hat man die Möglichkeit einen Abstecher zum Schloß zu unternehmen. Unser Weg geht durch die Stadt, am Gruntal vorbei über den Eichenberg nach dem Dorfe Hamma. Durch dieses hindurch, bei der Kirche biegen wir ab auf die Höhen, genießen die wunderschöne Landschaft der Goldenen Aue und Wandern nach Auleben dem Europadorf. Am Schloß ist wieder eine Teiletappe erreicht und man macht Halbzeitpause oder unterbricht hier die Wanderung. 18 km waren es bis hierher. Der Weg geht weiter durch das Naturschutzgebiet "Badraer Schweiz" in Richtung Badra. Unterhalb des Kanzelberges biegen wir auf den Huflarweg. Nun geht es weiter auf dem Rennweg über den Kyffhäuser mit seinem Fernsehturm, welchen wir nicht besuchen, in das Lange Tal und dann dem Wolwedatal bis zur Königspfalz. Hier ist das Endziel der Wanderung mit seinen vielen Erlebnissen erreicht. Ein Besuch des Museums ist empfehlenswert. Der Weg ab Auleben bis hierher war etwa 18 km Lang. Wandern ein sanfter Natursport Was bewegt derart viele Zeitgenossen da
zu
, sich auch ohne Medienaufmerksamkeit und Ausstatterkampagnen den nicht geringen Anstrengungen des Streckemachens zu unterwerfen? Was genau ist eigentlich dran am Aschenputtelsport Wandern? Wanderern wird man diese Frage wohl kaum ernsthaft zu stellen brauchen. Wer einmal die optimale Mischung aus Naturgenuß, Fitnesstraining, körperlicher Herausforderung, psychischen Wohlbefinden, Bewegungsfreiheit, Entdeckerfreude und menschlicher Nähe erfahren hat, der glaubt daran und bleibt dabei. Doch wie kann man diese Botschaft jenen herüberbringen, die Wandern nur aus dem Fernsehen kennen, also bestenfalls ein Achselzucken oder Witzchen dafür übrig haben? Wie kann man dem schlechten Image des Wanderns entgegentreten, das vor allem jüngere Menschen davon abhält, ihr Bedürfnis nach Naturerlebnissen und Abenteuer nicht nur im Himalaja oder in den Anden, sondern auch in den heimischen Gefilden zu stillen? Aus unseren Medien wissen wir, daß im Falle derartiger Imagekrisen nicht selten die Wissenschaft mit der Kraft nüchterner Argumente weiterhilft. Doch was hat Wandern mit Wissenschaft zu tun?
Fitness und Gesundheit Allen voran ist die Sportmedizin, die sich angesichts der immer fragwürdigeren Folgen des Leistungssports zunehmend den sanfteren Ausdauersportarten zuwenden. Und hier nun hat sie speziell beim Wandern all das entdeckt, was der gestreßte Otto Normalverbraucher braucht, um seine Fitness und Gesundheit langfristig zu erhalten. Natürliche Bewegungsformen, gesundes Umfeld, körperliche Herausforderung und seelische Entspannung. Wir müssen also etwas tun, um in Form zu bleiben. Und da bietet sich Wandern als ideales Medium an. Es ist so gut wie nebenwirkungsfrei, nicht auf aufwendige Ausrüstungen oder Einrichtungen angewiesen und hat mit Natur und Landschaft weit mehr zu bieten als Maschinensäle der Fitnesscenter. Da das Gehen den größten Teil der Muskeln beansprucht, kommen außerdem relativ viel Kalorien zusammen: Rund 50 pro Kilometer, gut 200 in der Stunde.
Wandern ist Sport Wanderer treiben in der Summe letztendlich denselben sportlichen Energieaufwand wie Ausdauerläufer. Deren geringen Zuschlag für höhere Geschwindigkeiten machen sie durch Gepäck, holprige Wege und Aufstiege mehr als wett. Da sie im allgemeinen relativ lange Strecken zurücklegen, sind sie noch am ehesten mit Langstreckenläufern zu vergleichen. Insofern kann man beim Wandern ohne weiteres von einem Sport, bei Wanderungen von Training sprechen, und zwar ganz unabhängig von dem dabei eingeschlagenen Tempo.
Natur erleben Die Natur ist allerdings keinesfalls nur ein angenehmer Rahmen des Wanderns, sondern einer seiner zentralen Wirkungsfaktoren. Bei keinem Outdoor-Sport kommt man so intensiv mit der Natur in Kontakt wie beim Wandern. Das ist schon deshalb ein besonderer Pluspunkt, als repräsentativen Umfragen zufolge das Erlebnis der Natur in den letzten Jahren zu einem zentralen Freizeitmotiv avancierte. Immer mehr Urlauber suchen sich ihr Reiseziel nach den Kriterien der Naturnähe aus. 80% aller Bundesbürger halten die Devise "zurück zur Natur" für "in", als fundamentaler Lebenswert rangiert die Natur zusammen mit Freundschaft und Freiheit an vorderster Stelle. Selbst in den Zentren der Zivilisation spielt die Verbindung zur Restnatur eine entscheidende Rolle. Bei der Bewertung städtischer Freizeitangebote kommen nicht etwa Einkaufszentren, Hallenbäder, Cafés oder Kinos am besten weg, sondern Grünanlagen, Naherholungsgebiete und Wanderwege. Offenbar wird es dem Zivilisationsbürger in seinem selbstgeschaffenen Lebensraum immer unbehaglicher. Unsere heimischen Mittelgebirge mit ihren kleinräumigen Parkcharakter entsprechen diesen weltweit gültigen Kriterien der Landschaftsästhetik in optimaler Weise. Vielleicht sind die Deutschen nicht zuletzt deshalb so wanderbegeistert, weil sie von dieser Landschaft regelrecht ins Grüne herausgezogen werden. Auf diese Weise hat sich ein bestimmter Umgang mit der Landschaft tief in unsere ererbten Anlagen, in unser Instinktverhalten oder kollektives Unterbewußtsein, eingeprägt. An diesen Prägungen hat sich in den letzten 10.000 Jahren, während derer der Mensch seßhaft wurde, wohl kaum noch etwas geändert. Das gilt um so mehr für die letzten Jahrhunderte, in denen wir die Natur um uns und in uns endgültig gezähmt haben und wesentliche elementare Überlebensfähigkeiten obsolet geworden sind. Man kann nun im Detail sehr genau nachweisen, daß alles, was den Menschen in ihrer Jäger- und Sammlerzeit das Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit gab, auch heute noch positive Gefühle bei uns hervorruft. Das gilt speziell auch für die erwähnten Landschaftsformen und Elemente, an denen wir unverändert Wohlgefallen finden. Damals waren sie überlebensfreundlich, heute empfinden wir sie nur noch als schön, ohne über die Herkunft unserer ästhetischen Empfindungen nachzudenken.
Wandern ist Naturschutz Spätestens an dieser Stelle sehen sich die Wanderer allerdings mit massiven Einwänden von seiten der Naturschützer und Jäger konfrontiert, die ihnen vorwerfen, sich allein vom Lustprinzip leiten zu lassen und dabei die Landschaft nur als Kulisse zu mißbrauchen, keine Rücksicht auf Flora und Fauna zu nehmen und, wenn sie gar in Massen oder nächtens daherkommen, auch noch empfindliche Lebensgemeinschaften bzw. das Wild stören. Wanderer sind aus ihrer Sicht keine Naturschützer, sondern ausschließlich Naturnützer, und als solche haben sie sich gefälligst mehr zurück- und aus sensiblen Biotopen möglichst ganz rauszuhalten. Dabei denke ich nicht nur an den klassischen Naturschutz, obwohl gerade die Wandervereine auf diesem Gebiet schon sehr lange und in den letzten Jahren besonders aktiv sind. In nicht wenigen Regionen gehen von ihnen die führenden wenn nicht gar die einzigen Naturschutzaktivitäten aus, einige größere Vereine haben sich sogar in den schützenden Besitz von sensiblen Arealen gebracht, die sie mit ehrenamtlichen Engagement pflegen und bewahren. Insofern sind wir mindestens Partner der meist jüngeren Naturschutzverbände und brauchen uns nicht von ihnen in die Ecke stellen zu lassen. Nehmen wir das Beispiel der Umwelterziehung. Was nützen die besten naturschützenden Absichten, wenn nicht die Kräfte parat stehen, diese Absichten in die Tat umzusetzen oder diesbezügliche Anstrengungen zumindest massenhaft zu unterstützen. Auf diesem Gebiet sind die Umweltschutzpropheten keineswegs sonderlich erfolgreich. Abgesehen von der Innation wohlfeiler ökologischer Bekenntnisse, die jedermann leicht von der Zunge gehen und in kaum noch einer Sonntagsrede fehlen, haben sie eher sogar an Boden verloren. Soziologische Untersuchungen haben ergeben, daß unsere Mitbürger, je mehr sie sich zum Umweltschutz bekennen und über die drohenden Katastrophen Sorgen machen, zugleich um so weniger Ideen haben und bereit sind, selber etwas dagegen zu tun. Alles in allem übernehmen Wandervereine und Wanderer also eine Fülle eigenständiger Naturschutzaufgaben jenseits des klassischen Naturschutzes. Ihre Aktivitäten sind nicht so spektakulär wie etwa die von Greenpeace, dafür aber auch nicht weniger wichtig. Diese Einsicht sollte sie aktiver und selbstbewußter für ihre Sache werben lassen, um so zu einer echten, gleichberechtigten Partnerschaft mit all denen zu kommen, die sich auf andere Weise für den Erhalt unserer Restnatur stark machen. [ Stadt- und Gästeführergilde Nordhausen ] |