Geopark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen Anteil des Freistaats Thüringen Vortrag von Helmut Garleb
Im Frühjahr 2002 haben das Freilicht- und Erlebnismuseum Ostfalen e.V. mit Sitz in Königslutter und der Regionalverband Harz e.V. mit Sitz in Quedlinburg den Geopark Harz / Braunschweiger Land / Ostfalen, kurz "Geopark Harz" gegründet. Der Geopark Harz wird sich zwischen dem Flechtinger Höhenzug und dem südlichen Harzvorland über die gesamte Breite des Mittelgebirges erstrecken und umfasst damit Anteile der Bundesländer Niedersachsen, Sachsen - Anhalt und Thüringen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurden im Auftrag des Landkreises Nordhausen die Möglichkeiten und Bedingungen zur Einbeziehung des Thüringer Harzes in den Geopark untersucht. Der Harz repräsentiert mehr als 450 Millionen Jahre Erdgeschichte auf engstem Raum und - einzigartig im Herzen Deutschlands - 3.000 Jahre Bergbau. Das nördlichste Mittelgebirge Deutschlands ist somit gleichsam ein Lesebuch der Landschafts- und Bergbaugeschichte. Am Beispiel der Geologie, der Bergbau- und mit dem Bergbau eng verbundenen Forstgeschichte des Harzes ist wie an keinem zweiten Gebirge in Mitteleuropa darstellbar, dass der Mensch ökologische Krisen überwinden kann und in der Lage ist, der Natur positive Impulse zu geben. Das Spannungsfeld zwischen Nutzung der natürlichen Ressourcen als materielle Grundlage unserer Kultur und Erhalt der Landschaft als Lebensraum auch für uns Menschen und nachfolgende Generationen wird gerade auch im Thüringer Anteil des Harzes und seines Vorlandes deutlich und soll im Rahmen des Geopark - Projektes den Besuchern der Region nahegebracht werden. Das beschriebene Teilgebiet des Geoparks beinhaltet den Anteil Thüringens an den Naturräumen Harz und Zechsteingürtel Südharz unter Einbeziehung des angrenzenden Randbereiches vom Unteren Buntsandstein mit Teilen der Auslaugungsstrukturen und umspannt den Zeitraum vom Devon bis zum Quartär. Territorial gehört das Gebiet vollständig dem Landkreis Nordhausen an. Mit dem Südharzer Zechsteingürtel ist die Gipskarstlandschaft des Südharzvorlandes mit ihrem Formenreichtum und hohen touristischen Wert und der gleichzeitigen Bedeutung als Rohstoffbasis wesentlicher Bestandteil das Geoparks. Durch die Einbeziehung der ortsansässigen Rohstoffwirtschaft soll das bestehende Konfliktpotential zwischen den Interessen der Rohstoffgewinnung und der touristischen Nutzung des Gebietes auf einer sachlichen Grundlage verdeutlicht und dabei die Bedeutung der geologischen Bedingungen herausgestellt werden. Um dem Besucher des Geoparks eine Orientierung zum Auffinden der geologisch relevanten Punkte zu geben, wurden im Geopark Harz für bestimmte Teilflächen bekannte Landmarken als visuelle Anknüpfungspunkte definiert. Den Landmarken sind jeweils Georouten zugeordnet. Die Georouten sind nicht als in sich geschlossener Pfad zu verstehen, sondern dienen der Verknüpfung verschiedener Geopunkte oder Landmarken. Dieses Netzwerk dient der individuellen Nutzung des Informationsangebotes „Geopark“, es soll den interessierten Besucher zu den Geopunkten leiten, ohne dass er einem bestimmten Schema folgen muß. Für den Thüringer Harz wurden als Landmarken der Poppenberg bei Ilfeld mit seinem Aussichtsturm und der für den Zechsteingürtel dominante Kohnstein bei Niedersachswerfen als Landmarken gewählt. Die Auswahl der Geopunkte bietet Möglichkeiten, Einblicke in geologische Prozesse und deren Ergebnisse zu gewinnen, die Vielfalt von Gesteinstypen zu erkennen, verschiedene Arten der Nutzung des Geopotentials einschließlich des Gesteinsabbaus zu beobachten und verschiedene Formen der Nachnutzung stillgelegter Rohstoffgewinnungsstätten zu besichtigen. Den Landmarken Poppenbergturm und Kohnstein sind derzeit insgesamt 17 Geopunkte zugeordnet, wobei die Anzahl durchaus variabel ist und ggf. erweitert oder verändert werden kann. Landmarke Poppenbergturm bei Ilfeld „...wo Steinkohle und Manganerz anstehen...“ Der Poppenberg bei Ilfeld ist mit einer Höhe von 600 m ein weithin sichtbarer, das Landschaftsbild des Südharzrandes beherrschender Berg. Auf seinem höchsten Punkt befindet sich der Poppenbergturm, der im Jahr 1894 als Stahlgitterkonstruktion errichtet und im Jahr 1994 vollständig restauriert wurde. Der Poppenberg wird aus Sedimenten und Vulkaniten des Rotliegenden aufgebaut. An seinem Fuß streicht das Steinkohlenflöz des Unterrotliegenden aus, der Berggipfel besteht aus dem Ilfelder Porphyrit. Zu der Landmarke Poppenbergturm gehören die Geopunkte: - Steinbruch Unterberg
Südharzgrauwacke, Steinbruch des Hartsteinwerk Unterberg der KEMNA Bau Andreae GmbH & Co. KG - Rabensteiner Stollen
Besucherbergwerk: historischer Steinkohlenbergbau - Braunsteinhaus
Montanhistorischer Lehrpfad: historischer Mangenerzbergbau des Ilfelder Manganerzreviers - Felsbildungen Ilfelder Tal
Verwitterungsformen des rotliegenden Rhyoliths („Ilfelder Porphyrit“) - Lange Wand
- klassischer geologischer Aufschluß: Zechsteintransgression
- Besucherbergwerk: historischer Kupferschiefer- und Kobaltbergbau
- Sinterquelle: rezente Bildung von Süßwasserkalk
- Ruine der Burg Hohnstein
mittelalterliche Burganlage: Verwendung einheimischer Gesteine als Baumaterial - Felsentor Neustadt
- Verwitterungsform des rotliegenden Rhyoliths („Ilfelder Porphyrit“)
- Sachzeugen des historischen Steinkohlenbergbaus
- Sammlung einheimischer Gesteine am Grillplatz Zapfkuhle
- Steinbruch Bornberg Neustadt – Osterode
ehemaliger Steinbruch: geologischer Aufschluß der internen Struktur des rotliegenden Rhyoliths („Ilfelder Porphyrit“)
Landmarke Kohnstein bei Niedersachswerfen
„...rote und weiße Felsen, Höhlen, und deutsche Geschichte...“ Der Kohnstein bei Niedersachswerfen beherrscht das Landschaftsbild des Südharzer Zechsteingürtels im Landkreis Nordhausen in bemerkenswerter Weise. Die natürliche Steilstufe des Berges hat schon immer die Menschen beeindruckt und ist in zahlreichen historischen Darstellungen dokumentiert. Heute wird der Berg von dem Anhydrittagebau geprägt, dem bereits große Teile des Bergmassivs zum Opfer gefallen sind. Das Kohnsteinmassiv besteht aus bis zu 400 m mächtigem Anhydrit der Werra - Folge mit seiner Gipsrinde und wird in seinen höchsten Partien von Resten des Hauptdolomits der Staßfurt - Folge abgeschlossen. In dem vergipsten Werraanhydrit sind verschiedene Karsterscheinungen entwickelt. Zu der Landmarke Kohnstein gehören die Geopunkte: - Kelle
Höhle im Gipskarst: frei zugängliche Großhöhle (Halbhöhle) - Alabastergipsbruch Rüdigsdorf
ehemaliger Gipsabbau: geologischer Aufschluß im Zechsteingips - KZ – Gedenkstätte Mittelbau - Dora
Stollen- und Kammersystem des ehem. Konzentrationslagers: Nutzung der geologischen Bedingungen für die Anlage unterirdischer Rüstungseinrichtungen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches - Salzaquelle
Quellgebiet: Karstquelle, größte Quelle Thüringens - Gipstagebau Rüsselsee
Gipsabbau (Zechstein) durch die Südharzer Gipswerk GmbH - Gipstagebau Rottleberode
Gips- und Anhydritabbau (Zechstein) durch die Knauf Gips KG - Karstwanderweg
Der Karstwanderweg ist ein landschaftsbezogener, touristischer Wanderweg und interdisziplinärer thematischer Lehrpfad mit geowissenschaftlichen Schwerpunkten. Die erschlossene und dokumentierte Themenpalette umfaßt insbesondere die Bereiche Geologie und Hydrogeologie, Reliefgenese, Archäologie, Paläontologie, Umwelt, Klima, Vegetation und Fauna, Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte, historischer Bergbau, Rohstoffnutzung, jüngere Vergangenheit, Handwerk, Forschungsgeschichte, Baugrund, Gewässerkunde und Kulturlandschaftsgeschichte. Der Weg verläuft ausschließlich auf vorhandenen land- und forstwirtschaftlichen und Wanderwegen bzw. -pfaden. Er ist durchgehend für Fahrräder, jedenfalls Mountainbikes geeignet. Der Wanderweg ist im Landkreis Nordhausen von Westen her in zwei Äste aufgespalten, die sich bei Gudersleben zu einem Weg vereinigen. Insgesamt ist der Nordhäuser Wanderweg 53 km lang. An etwa 50 Stellen stehen Erklärungstafeln. Ein Wanderwegeführer ist im Jahr 1997 erschienen. Insgesamt zieht sich ein 207 km langer Karstwanderweg mit rund 200 Erklärungstafeln von Förste im Westen bis nach Pölsfeld im Osten. Er berührt einzigartige Naturschutzgebiete und Biotope mit geschützten Landschaftsformen, Pflanzen, Tieren und bedeutenden Kulturdenkmälern. Der Weg verbindet die Südharzer Karstlandschaft und damit die Länder Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit den Landkreisen Osterode, Nordhausen und Sangerhausen. - Kiestagebaue in der Goldenen Aue
Kiesgewinnung im Naßtagebau durch verschiedene Gewinnungsbetriebe; z. T. bereits eingestellt und als Gewässer in unterschiedlicher Art nachgenutzt.
Durch die Einbeziehung der aktiven Rohstoffgewinnungsunternehmen wird die Verantwortung dieser Unternehmen für das Gebiet des Geoparks hervorgehoben und das Interesse an einem schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen gefördert. Gleichzeitig wird dem Unternehmen die Möglichkeit geboten, den interessierten Touristen einen Einblick in seinen Produktionsprozess und in seine Produktpalette zu gewähren. Für die Touristen wird damit neben dem informativen Eindruck, den ein aktiver Steinbruchbetrieb vermittelt, die Bedeutung der Rohstoffgewinnung erkennbar und eine Verbindung zwischen dem touristischen Wert der naturbedingten Landschaft und den materiellen Grundlagen der modernen Wirtschaft hergestellt. Unter diesem Aspekt zeichnet sich mit den Zeugen des Altbergbaus und dem modernen Steinbruchbetrieb als durchaus neue Perspektive auch für den Südharz die Möglichkeit einer Entwicklung von Industrie – Tourismus sowohl aus der historischen als auch der aktuellen Sicht ab.
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