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Gipsbrennofen - Kann man Steine brennen?

Der hier ca. 100 m vom historischen Standort entfernt gebaute Gipsbrennofen (von 1890 bis 1919 betrieben) wurde originalgetreu aus den Materialien (Dolomitstein) und nach den Entwürfen (Grafik) des 1994 durch Herrn Werner Binnewies in Dorste errichteten Ofens wieder aufgebaut.
Gips ist als Bindemittel seit dem Altertum bekannt und gebräuchlicher Grundstoff des Bauwesens. Der vermutlich älteste Gipsmörtel (9000 v. Chr.) stammt aus Kleinasien.
In Mitteleuropa wurde ab dem 11. Jahrhundert vielfach Gips für die Herstellung von Mauer- und Putzmörtel für den Innen- und Außenbereich sowie für Estrichmörtel verwendet.
Die historischen Gipsmörtel Deutschlands können als vorwiegend regional charakteristische Bindebaustoffe bezeichnet werden, die sich als außerordentlich haltbar erwiesen (siehe Kloster Walkenried).

Das Brennen des grob gebrochenen Gipsgesteins ist erforderlich, um das eingelagerte Kristallwasser dem Gipsgestein zumindest teilweise zu entziehen. Erst dadurch erhält der gebrannte und danach gemahlene Gips die uns allen bekannte Eigenschaft, nach Zusatz von Wasser auszuhärten.
Über die Herstellungsverfahren historischer Gipsmörtel vor dem 18. Jahrhundert ist wenig bekannt. Es wurde Rohgips in Meilern, in an Hängen angelegten Gruben, in Kammeröfen oder in Stollen, die direkt in den Gipsstein vorgetrieben waren, gebrannt.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden hauptsächlich Kammeröfen verwendet. Die zylindrischen bis etwa 1950 genutzten Harzer Schachtöfen wurden lagenweise mit gleich großen Gipssteinen und Brennmaterial bestückt, kräftig eingefeuert und das Material in mehr als einem Tag durchgebrannt.

Zum Brennen von einer Füllmenge des Ofens (3,5 cbm) benötigt man 0,6 cbm Fichtenreisig und 4 cbm Buchen- und Fichtenscheitholz.
Alle historischen Öfen wurden stets von der unteren Ofenmitte aus mit Holz, Torf oder Kohle befeuert. Hierbei entstanden Temperaturen, die zum Teil deutlich über 800° C lagen, so dass man von sogenannten Hochbränden spricht.
Moderner Stuckgips wird bei einer max. Temperatur von 200° C calciniert. Die Regelung der Temperatur wurde durch den Einsatz unterschiedlicher Holzarten (Buche hohe - Weide niedrige Temperaturen) durchgeführt. Um die Gefügeeigenschaften des Gipsmörtels zu beeinflussen, hat man möglicherweise auch organische Substanzen wie Eiweiß oder Harnstoff beigefügt.

Quelle: Historische Gipsmörtel in Deutschland; Jutta Weichmann; 1998


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